Sie sind nicht angemeldet.

irina

kriseninterventionsteam

  • »irina« ist der Autor dieses Themas

Beiträge: 10 470

Wohnort: sanatorium

Beruf: datenschutzbeauftragte

  • Nachricht senden

1

Mittwoch, 23. März 2005, 15:40

wachkoma

mal abgesehen davon, dass ich gar kein statement zu dem zum politikum gewordenen fall in den USA abgeben will, hab ich mich gestern so gefragt: was treibt wohl verwandte, die einen wachkoma-patientin nicht sterben lassen wollen? liebe? egoismus? selbstlosigkeit? die hoffnung darauf, dass sich doch noch was ändert? alles zusammen? ich weiß echt nicht, was ich tun würde, wenn ich in der situation wäre zu entscheiden: maschinen abstellen oder laufen lassen...
»Alles, was Spaß macht, ist entweder unmoralisch, illegal oder macht dick. In besonders spaßigen Fällen alles auf einmal.« (Mae West)

2

Mittwoch, 23. März 2005, 16:21

RE: wachkoma

Ich hab mehrmals ziemlich klar geäußert, dass man in solch einem Fall die Maschinen abstellen sollte und ich verlasse mich da auf meine Verwandten.
Da meine Mutter in der Altenpflegeausbildung arbeitet, reden wir öfter über Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung usw. und ich weiß auch ziemlich genau, was meine Eltern in solch einem Fall wollen.

Allerdings hab ich (noch) nichts schriftliches gemacht. Ich hab zwar nen Organspendeausweis aber Testament, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollte ich echt mal machen...

3

Mittwoch, 23. März 2005, 16:25

Euthanasie ist immer ein zweischneidiges Schwert. Ich tendiere mehr auf die Befürworterseite, da ich nicht denke, dass ein jahrelanges Wachkoma ein würdiges Leben ist.

Die Haltung der Eltern zeugt meiner Meinung nach aus purem Egoismus, wohingegen der Partner sicher lange überlegt hat, ob die Machinen wirklich abgeschaltet werden sollen. Das erfordert mehr Mut, als jemanden für weitere Jahre vegetieren zu lassen.

Ich finde es jedenfalls erschreckend, wie sich eine ganze Nation auf einmal ins Zeug wirft, um eine komatöse Frau zu retten, während es noch in einigen Staaten (wenn nicht sogar im selben Staat) die Todesstrafe gibt, quasi zeitgleich ein Jugendlicher (wieder mal) Amok läuft und das mehr oder weniger protestfrei akzeptiert wird :irre:

4

Mittwoch, 23. März 2005, 16:29

Zitat

Original von Kabukichan
Ich finde es jedenfalls erschreckend, wie sich eine ganze Nation auf einmal ins Zeug wirft, um eine komatöse Frau zu retten, während es noch in einigen Staaten (wenn nicht sogar im selben Staat) die Todesstrafe gibt, quasi zeitgleich ein Jugendlicher (wieder mal) Amok läuft und das mehr oder weniger protestfrei akzeptiert wird :irre:

Exakt. :up:

Gruß
Skywise
Radio Liederlicht
Liedermacher & Co.


Donnerstag. Tagung, gemeinsam mit Chef.
Skywise: "Ja, mein Chef hat mich ja bereits vorgestellt. Was ich bemerkenswert finde, denn letzte Woche kam er mir noch auf dem Gang entgegen und hat gesagt 'Was hier läuft, ist unvorstellbar', somit hat er genau genommen gerade den Gegenbeweis erbracht. Der Mann wächst manchmal über sich hinaus, ich sag's Ihnen ..."

Quercus

Wilddieb

Beiträge: 1 044

Wohnort: Brandenburg

Beruf: Förster, der jetzt Förster ist :-)

  • Nachricht senden

5

Mittwoch, 23. März 2005, 17:18

Zitat

Original von Skywise

Zitat

Original von Kabukichan
Ich finde es jedenfalls erschreckend, wie sich eine ganze Nation auf einmal ins Zeug wirft, um eine komatöse Frau zu retten, während es noch in einigen Staaten (wenn nicht sogar im selben Staat) die Todesstrafe gibt, quasi zeitgleich ein Jugendlicher (wieder mal) Amok läuft und das mehr oder weniger protestfrei akzeptiert wird :irre:

Exakt. :up:

Gruß
Skywise


besser kann man es nicht sagen, allerdings ist das bei uns natürlich genauso, das ist kein USA phänomen

zum thema:

es zeigt zum einen, wie wichtig patientenverfügungen sind und zum anderen wie weit sich die "moderne" gesellschaft vom sterben entfernt hat.

in deutschland wachen nur 3 von 10 wachkomapatienten jemals wieder auf. nur weil wir mit unser modernen medizin nicht akzetieren können, dass es einfach unfälle und andere schicksalsschläge gibt, die ein menschenleben beenden. nur weil diese menschen nicht sofort tot sind, können wir nicht hinnehmen, sie sterben zu lassen ?
das bedeutet, damit 3 menschen wieder aus dem koma erwachen und mit ungewissen schädigungen irgendwie weiter leben können, müssen wir 7 personen vielleicht unglaublichen qualen aussetzten ... ich finde das tatsächlich verwerflich.

aus diesem grund finde ich es sehr lobenswert, dass die rot/grüne bundesregierung, die rechtssicherheit von patientenverfügungen verbessert. ich möchte einfach zu bebzeiten festlegen können, dass ich maximal drei wochen künstlich am leben erhalten werden möchte und auch nur dann, wenn ausgeschlossen werden kann, dass keine gehirnschädigung vorliegt. ich habe keine angst vorm sterben, vor dem dahinsiechen allerdings schon

zur frage:

ich glaube auch, dass es egoismuss, realitätsverlust und religiöser extremismus ist, der diese menschen antreibt
"Du hast das Recht auf eine eigene Meinung, aber Du hast kein Recht auf eigene Fakten." Paul Romer

----
William Shakespeare: "Wenn alle Leute nur dann redeten, wenn sie etwas zu sagen haben, würden die Menschen sehr bald den Gebrauch der Sprache verlieren."

leocat

Königin von Hukapetapank

Beiträge: 2 863

Wohnort: Auch fast ganz oben

Beruf: Buchhändlerin

  • Nachricht senden

6

Mittwoch, 23. März 2005, 21:41

Wobei ja diese Patientenverfügungen in Deutschland für den Arzt nicht bindend sind. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber hat nicht ein Gericht geurteilt, dass eine in gesundem Zustand getroffene Patientenverfügung nicht zwangsläufig dem Willen des Patienten im kranken Zustand widerspiegelt und daher diese nicht zur Entscheidungsfindung heranzuziehen ist?

@Kabuki: :imho:

7

Donnerstag, 24. März 2005, 08:35

Zitat

Original von leocat
Wobei ja diese Patientenverfügungen in Deutschland für den Arzt nicht bindend sind. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber hat nicht ein Gericht geurteilt, dass eine in gesundem Zustand getroffene Patientenverfügung nicht zwangsläufig dem Willen des Patienten im kranken Zustand widerspiegelt und daher diese nicht zur Entscheidungsfindung heranzuziehen ist?


Ne, die sind schon bindend. Ein Verstoß gegen eine klare, gültige Patientenverfügung wäre eine Körperverletzung.

Das Problem ist die Klarheit. Oft sind die Teile so schlecht formuliert, dass sie allenfalls einen Anhaltspunkt für den Willen des Patienten bieten können.
Beispiel:
Wer schreibt "bei Gehirnschädigung will ich..." vergißt, dass es marginale Schädigungen des Gehirns gibt, die völlig folgenlos bleiben.

Man sollte schreiben, welche Fähigkeiten man erhalten haben will bzw. den umgekehrten Fall - also beim Verlust welcher Fähigkeiten man welche Behandlung will / nicht will.

Edit:
Gerade hab ich Nachrichten gehört. Nachdem die Richter nicht so ganz mitspielen, nimmt die Sache absolut groteske Ausmaße an. Jetzt muss Georgies Bruder herhalten...
Und der Supreme Court wird auch noch angerufen.
Grauenvoll.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Tobiashi« (24. März 2005, 08:38)


Tina

Queen

Beiträge: 4 235

Wohnort: Franken

Beruf: Stalker

  • Nachricht senden

8

Montag, 28. März 2005, 17:04

Es gab auch bereits Morddrohungen gegen den Ehemann und den Richter!

9

Dienstag, 29. März 2005, 10:15

Ich finde es zwar einerseits grausam, Sie am Leben zu erhalten, aber anderseits ist es auch grausam, Sie einfach verhungern und verdursten zu lassen!!

der landvogt

"Giant for a day"

Beiträge: 950

Wohnort: KöPi City

Beruf: Treppenterrier

  • Nachricht senden

10

Dienstag, 29. März 2005, 18:16

Zitat

Original von Ska the Witch
Ich finde es zwar einerseits grausam, Sie am Leben zu erhalten, aber anderseits ist es auch grausam, Sie einfach verhungern und verdursten zu lassen!!


Ich habe mal gehört, daß Verhungern nicht so problematisch sein soll; das merkt man angeblich gar nicht; lediglich Verdursten ist wirklich qualvoll.
When all the laughter dies in sorrow and the tears have risen to a flood
When all the wars have found a cause In human wisdom and in blood
Do you think they'll cry in sadness. Do you think the eye will blink
Do you think they'll curse the madness. Do you even think they'll think

When all the great galactic systems sigh to a frozen halt in space
Do you think there will be some remnant of beauty of the human race
Do you think there will be a vestige or a sniffle or a cosmic tear
Do you think a greater thinking thing will give a damn that man was here.

Written by - Kendrew Lascilles
From - Chicago III

11

Dienstag, 29. März 2005, 18:28

Da die Patientin aber im Koma liegt dürfte sie davon nicht viel mitbekommen...

12

Donnerstag, 31. März 2005, 21:46

nach 13 tagen ohne magensonde hat sie nun hoffentlich ihren frieden gefunden...


Pinellas Park - Fast zwei Wochen nach Abbruch der künstlichen Ernährung ist die US-Komapatientin Terri Schiavo nach Angaben ihrer Eltern gestorben. Weder die Eltern, Mary und Bob Schindler, noch der Bruder und die Schwester der 41-Jährigen seien zu ihrer Todesstunde bei ihr gewesen, sagte ein Sprecher der Eltern, der Franziskanermönch Paul O’Donnell, am Donnerstag in Pinellas Park in Florida. Schiavos Ehemann Michael, mit dem sich die Familie einen erbitterten Streit über die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung geliefert hatte, habe ihnen den Zutritt verweigert. Erst nach dem Tod habe die Familie in das Zimmer treten dürfen, sagte O’Donnell.

Schiavo lag seit 15 Jahren im Wachkoma. Aufgrund einer von ihrem Ehemann erkämpften Richterentscheidung war ihr am 18. März die Magensonde entfernt worden. Schiavos Eltern hatten mit etlichen Einsprüchen und Klagen vor Gericht versucht, die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung zu erzwingen. Die 41-Jährige war 1990 nach einem vorübergehenden Herzstillstand ins Koma gefallen und hatte durch einen mehrminütigen Sauerstoffmangel irreparable Hirnschäden erlitten.

Ihr Schicksal und der verzweifelte Kampf der Eltern, die ihre Tochter am Leben halten wollten, hatten weltweit Anteilnahme ausgelöst. Michael Schiavo lebt seit Jahren in einer neuen Beziehung und hat zwei kleine Kinder.

Vatikan verurteilt Tod von Schiavo als Mord

Der Vatikan hat den Tod der US-Komapatientin als Mord verurteilt. Es sei unmöglich, bei einem Mord zuzusehen, ohne zum Komplizen zu werden, sagte Kardinal Renato Martino kurz vor der Bekanntgabe von Schiavos Tod am Donnerstag im Sender Radio Vatikan. "Im Zweifel seid für das Leben und meidet, was in der Praxis und jenseits aller Beschönigungen ein Mord wäre." Dass die künstliche Ernährung der Patientin eingestellt wurde, bezeichnete der Kurienkardinal als "ungerechte Todesstrafe gegen einen unschuldigen Menschen, in einer ihrer unmenschlichsten und grausamsten Formen, nämlich als Hunger und Durst." (sa/AFP/dpa)
... Ich nehm eine Portion Gammelfleisch und die Schwenkkartoffeln dazu ...

NZ - love u