Deutsche müssen ab 2005 einen Tag länger arbeiten
Berlin (AP) Als Beitrag zum Stopfen der Haushaltslöcher müssen die Deutschen ab 2005 einen Tag im Jahr länger arbeiten. Die Regierung will den Tag der Deutschen Einheit vom 3. Oktober auf einen Sonntag verlegen, um für mehr Wachstum und Steuereinnahmen zu sorgen. Das sieht ihr Maßnahmenpaket zur Einhaltung der Euro-Stabilitätskriterien vor, auf das sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel am Mittwoch in Berlin einigten.
Außerdem will der Bund langfristige, milliardenschwere Ansprüche an Post und Telekom nächstes Jahr in bare Münze verwandeln. «Im Kern läuft es auf diese beiden Maßnahmen hinaus», hieß es aus der Regierung. Nach Worten ihres Sprechers Béla Anda hat Eichel die Rückendeckung Schröders. Während er keine Stellungnahme zu Details abgeben wollte, bestätigten die Grünen «die Überlegungen».
Der unionsbeherrschte Bundesrat kann Eichels Konzept nicht verhindern. Weder beim Verkauf der Forderungen an Post und Telekom, der 2005 fünf bis sechs Milliarden Euro bringen soll, noch bei der Verlegung des Tags der Deutschen Einheit besitzen die Länder nach rot-grünen Angaben ein Vetorecht. Von der Opposition kam scharfe Kritik. Union und FDP nannten es ein Armutszeugnis, dass die Regierung die Deutschen länger arbeiten lasse, um Haushaltslücken zu schließen. Die CSU vermisste Respekt vor Deutschland und seinen Symbolen.
Die Bundesrepublik läuft Gefahr, 2005 das vierte Jahr in Folge die EU-Verschuldungsgrenze zu verfehlen. Um sie einzuhalten, muss Eichel ein Haushaltsloch von wenigstens acht Milliarden Euro schließen. Nach Angaben aus Regierungskreisen gelingt ihm dies mit dem Paket, «auch wenn die Steuerschätzung für den Bund besonders schlecht ausfällt». Das Ergebnis wird am (morgigen) Donnerstag präsentiert. Aus dem Gremium verlautete, es «sieht gar nicht mal so schlecht aus». Möglicherweise beliefen sich die Mindereinnahmen 2004 und 2005 zusammen auf lediglich drei Milliarden Euro.
Nach Bekanntgabe des Schätzergebnisses will Eichel sein Paket der Öffentlichkeit vorstellen. Der Plan enthalte keine konjunkturschädigenden Ideen, hieß es. Sämtliche wachstumshemmenden Vorschläge wie die Erhöhung des Solidaritätszuschlages seien verworfen worden. Den Kreisen zufolge wird der Tag der Deutschen Einheit nicht als regulärer Nationalfeiertag abgeschafft, sondern lediglich auf den ersten Sonntag nach dem 3. Oktober verlegt. Die Regierung will Protesten standhalten.
Nach Expertenangaben bringt der zusätzliche Arbeitstag pro Jahr 0,1 Prozentpunkte Wachstum und damit einige Millionen zusätzliche Steuereinnahmen, aber auch eine Entlastung des Staatshaushalts durch Mehreinnahmen der Sozialkassen. Der Bund hat Forderungen an Telekom und Post, die bis 2090 rund 18 Milliarden Euro in die Pensionskasse für ihre ehemaligen Mitarbeiter und deren Hinterbliebene zahlen müssen. Diese Ansprüche will Eichel verkaufen. Er plant nach AP-Informationen die Erhöhung der globalen Minderausgabe im Haushalt 2005 von einer auf zwei Milliarden Euro. Durch eine günstige Entwicklung der Zinsen spart er etwa 700 Millionen Euro. Die Verlegung des Tags der Deutschen Einheit sei richtig, weil sie der Konjunktur diene, sagte Grünen-Finanzsprecherin Christine Scheel.
Quelle: Yahoo!