Ernst Meister gehört zu den bedeutendsten Lyrikern nach
dem 2. Weltkrieg. Am 3. September 2011 wäre dieser Dichter 100 Jahre alt
geworden.
Ernst Meister wuchs in Hagen-Haspe auf und besuchte dort
das Gymnasium. Anschließend begann er auf Drängen seines Vaters das Studium der
evangelischen Theologie, wechselte aber bald zur Philosophie und Literatur.
Dann kam der 2. Weltkrieg und Meister wurde Soldat. Versuche, das Studium mit
der Promotion abzuschließen, scheiterten. Ebenso Meisters Versuche, in der
Fabrik seines Vaters einem „normalen“ Brotberuf nachzugehen. Meister lebte seit
den 1950er Jahren in Hagen als freischaffender Künstler in einfachen
Verhältnissen. Inzwischen verheiratet und mehrfacher Familienvater, litt er
notorisch unter Geldmangel. Seine Gedichtbände, die in rascher Folge
erschienen, waren finanziell wenig einträglich.
Im Zusammenhang mit dem Schmallenberger Dichterstreit
spielt Meister eine zentrale Rolle. Das Dichtertreffen im Jahr 1956 bedeutete
einen Wendepunkt in der westfälischen Literatur. Damals begehrte eine junge
Autorengeneration um Hans Dieter Schwarze und Paul Schallück gegen die
seinerzeit gefeierten westfälischen Heimatdichter auf, die vielfach NS-belastet
waren. Die Jüngeren forderten den Anschluss an die moderne Dichtung. Es kam zu
einem Eklat und jahrelangen Diskussionen über das „Westfälische in der
Literatur“ und literarisches Heimatbewusstsein. Meister hielt sich aus diesen
wütenden Kontroversen heraus, er verkörperte aber mit seinen abstrakten und
teilweise hermetischen Gedichten ein neues literarisches Formbewusstsein. Für
die jungen Rebellen war Meister so etwas wie eine Galionsfigur. Man kann also
sagen, dass mit Ernst Meister die Moderne Einzug in die westfälische Literatur
hielt.
1962 schrieb Walter Jens über Meister in der Zeit: „Es
gibt nicht viele Verkannte in unserem Land; aber einige gibt es, und einer von
ihnen ist der Lyriker Meister.“ Solche Statements halfen mit, Meister in der
Literaturszene Deutschlands zu etablieren. Es gibt Themen, die sich wie ein
roter Faden durch sein Werk ziehen. Hierzu gehört die Auseinandersetzung mit
der Existenz an sich. Auch die Beschäftigung mit antiker Mythologie und dem
Glauben sind für längere Schaffensperioden charakteristisch. Meisters späte Gedichte
umkreisen in immer konzentrierterer Form das Thema Tod. 1979 schrieb ihm der
Philosoph E.M. Cioran: „Selten hat sich ein Dichter so weit in den Tod
hineingewagt wie Sie. Das ist Ihr Sieg.“
Seine Dichtung ist quasi eine intellektuelle Poesie in
Form einer meditativen und gedanklich tief schürfenden Lyrik, die nach den
Grundformen und Grundbedingungen menschlicher Existenz in der, wie Meister es
sah, 'kosmischen Preisgegebenheit' fragt. Gleich funkelnden Kristallen blieben
vor allem seine Gedichte die auch heute noch wahrgenommenen Schätze, über die
der Lyriker vor Vers-Beginn einmal sagte: „Ein Gedicht ist ein Ereignis, das
durch sich selbst in der Direktheit seiner Existenz wirken muss“.
Die Lesung, die auf MetaPhon zu hören ist, wurde in einer
Reihe präsentiert, die Doris und Hans-Werner Gey ihrer Galerie in den 1970-ern
in Hagen veranstalteten. Weiter Informationen zum Kooperationspartner unter:
www.lyrikwelt.de
MetaPhon:
http://www.vordenker.de/meister/audio/Er…_1978_04_28.mp3