(c) 2004 Maritim
Eine Maritim-Studio-Produktion
Buch: Ascan von Bargen
Regie: Maritim-Studio
Musik: Terry Devine-King
Illustration: Timo Wuerz
Laufzeit:
CD 1: 51:54 Minuten [14 Tracks]
CD 2: 42:55 Minuten [10 Tracks]
Sprecher:
Erzähler - Joachim Kerzel
Sprecher - Michael Harck
Lord Kilvert - Norbert Langer
Lady Eleanor - Barbara Becker
Julie - Anna Laube
O'Shearer - Peter Groeger
Eileen - Heidi Schaffrath
Lord Denborough - Reent Reins
Colin - Jens Wawrczeck
und
Nicolas Böll, Michael Pan, Rolf Jülich, Henry König, Achim Schülke, Pia Werfel, Anna Dramski, Eckart Dux, Konrad Halver, Charles Rettinghaus, Sabine Hahn, Wolfgang Bahro, Christian Rode, Thomas Kästner, Hannelore Minkus, Volker Bogdan u. a.
Der Hintergrund, vor dem "Annwyn" spielt, ist eigentlich sehr schnell erklärt - zwischen der Familie des ehrbaren Lord Kilvert und dem eiskalten Lord Denborough herrscht eine Fehde, wie sie herzlicher nicht sein könnte - jeder wünscht dem anderen aus tiefstem Herzen die Pest an den Hals. Allerdings mischt in diesem Streit noch ein dritte Macht mit - und diese hat ihren Ursprung in den Gängen, die tief unter dem Anwesen des Lord Kilvert verlaufen. Zunächst hinterhältig, dann immer offener schlagen die unheimlichen Bewohner der "Anderwelt" zu.
Eine ganze Palette von namhaften Sprechern hat Maritim hier versammelt, um die Geschichte zum Leben zu erwecken - und viele von ihnen zeigen, daß sie nicht umsonst in Sprecherkreisen zur Crème de la Crème gehören. Leider gibt es aber auch einige Fehltritte - nichts gegen Joachim Kerzel, er macht seine Sache wirklich gut, allerdings verfällt er häufig in den allseits bekannten, teilweise sehr reißerischen "John Sinclair"-Tonfall, woran allerdings der sehr bildhafte Stil seiner Passagen nicht ganz unschuldig ist. Reent Reins als Lord Denborough ist zwar eine großartige Wahl, aber manchmal schießt der Gute viel zu weit über das Ziel hinaus – ein bißchen weniger wäre hier mehr gewesen. Im Fall von Henry König sollte man sich fragen, ob man Bewunderung aufbringen oder sich eher Sorgen machen sollte, denn die einst so markante und unverkennbare Stimme ist selbst beim dritten Anlauf nicht zu identifizieren - an einigen Stellen scheint man hier auch noch elektronisch herumgedoktort zu haben, jedenfalls wirkt sie teilweise wie durch einen digitalen Filter gelaufen (möglicherweise sind diese Fehler aber auch auf Komprimierungsprobleme oder Übertragungsfehler zurückzuführen). Die Vorstellungen von Michael Pan und Konrad Halver als harter Seemann bzw. böser Bube fördern übrigens eher die stille Heiterkeit als die Gruselstimmung.
Echte Sternstunden gibt es hier zu hören von Jens Wawrczeck, der eine sehr überzeugende Vorstellung als Finstermann bietet, Heidi Schaffrath als häufig überforderte Kindshüterin, Barbara Becker als mal stolze, mal zu Tode erschrockene Dame des Hauses und Norbert Langer, der zwar auch einige schwächere Passagen hat, aber dafür an anderen Stellen über sich hinauswächst.
Die musikalische Untermalung ist größtenteils sehr überzeugend geraten – sie paßt sich ins Gesamtbild hervorragend ein und fördert die Stimmung in vielen Szenen ungemein. Die Effekte sind durch die Bank passend gewählt, wenn sie auch manchmal ein wenig zu laut ausfielen, so daß man die Sprecher nur noch schwer versteht. An einigen Stellen verschwindet auch urplötzlich der gern genutzte Echoeffekt, nur um eine Sekunde später wieder neu aufgebaut zu werden. Diese kleinen Fehler kann man allerdings vernachlässigen.
Die meisten Probleme werden wohl die Geschichte und das Drehbuch selbst bereiten – zwar werden die Figuren bis auf wenige Ausnahmen relativ gut eingeführt, allerdings bleiben die meisten Charaktere eher blaß. Auch die Dialoge wirken größtenteils gestelzt und unnatürlich, selbst für das Jahr 1782, in dem die Handlung spielt. Es gibt einige kleinere Logikfehler (sollen an dieser Stelle ignoriert werden) und ein paar seltsame Geschehnisse, die oder deren Ursache in diesem Hörspiel nicht eindeutig geklärt werden. Das ist eigentlich verschwendetes Potential, denn die Geschichte hätte ein paar ruhigere Augenblicke, in denen Mysterien aufgedeckt oder erläutert werden, eindeutig noch vertragen.
Auf der anderen Seite muß man dem Autor lassen, daß er die Geschichte sehr geschickt aufgebaut hat. Er schafft eine Atmosphäre, die bedrückend, teilweise sogar bedrohlich wirkt. Außerdem versteht er es, die Hauptfiguren in erster Linie durch ihre Texte zu charakterisieren. Durch geschickte Aufteilung ist es ihm sogar gelungen, ein Hörspiel zu schaffen, das nicht nur von der Qualität eines einzelnen Sprechers abhängig ist.
Fazit: Eine anständige Kombination aus Fantasy- und Gruselelementen, eine gute Atmosphäre, bis auf wenige Ausnahmen sehr gute Sprecherleistungen, aber leider auch nicht ganz frei von Schwächen - zwar keine neue Referenz, aber auf jeden Fall ein gelungenes Hörspiel.
Gruß
Skywise