Mir hat das Hörspiel gut gefallen, auch wenn es einen ziemlich hohen Erzähleranteil gab. Simon Jäger hat dies aber absolut großartig gemeistert.
Hier meine vollständige Kritik:
Nach der Doppelfolge gibt es in diesem Monat wieder zwei eigenständige Geschichten im Gruselkabinett. Die Frage, die mich nach "Das Bildnis des Dorian Gray" am meisten bewegt war diejenige, ob denn diesmal der Name der Reihe eher dem gebotenen Programm entspricht.
Und durchaus, Hanns Ewers Erzählung "Die Spinne" kann man viel eher bescheinigen, in diese Reihe zu passen. Auch wenn es anfangs noch nicht zwangsläufig den Anschein hat.
Hanns Ewers zäumt die Geschichte von hinten her auf, so dass man als Hörer den traurigen Ausgang schon zu Beginn kennenlernt. Jedoch ist eigentlich weniger der Ausgang an sich dasjenige, was interessiert, sondern die Frage wie es überhaupt dazu gekommen ist. Dies erfahren wir im Rahmen eines Rückblicks mithilfe eines Tagebucheintrags, welches der junge Mann bis zur letzten Minute vor seinem Tod vervollständigt hat. Ob dieses Aufschluss über die Ursache des Todes wird geben können?
Richard ist Medizin-Student in Paris. Eines Tages liest er in einer Zeitung von der merkwürdigen Selbstmordserie in einem kleinen Hotel. Gleich drei Männer haben sich an aufeinanderfolgenden Freitagen zur gleichen Uhrzeit am Fensterkreuz mit dem Vorhangstrick erhängt. Diese Geschichte zieht ihn sofort in einen magischen Bann. Er ist ganz versessen darauf, hinter das Geheimnis zu kommen und quartiert sich so in dem Zimmer ein. Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen seitens der Polizei versteht sich...
Mit diesem Start schafft man es den Hörer sehr schnell anzufixen. Die Neugier, was hinter den geheimnsvollen Selbstmorden steckt ist geweckt. Auch wenn es anfangs noch überhaupt nicht gruselig und unheimlich zugeht, so steckt im Warten auf den Eintritt des - ja, was eigentlich - auf jeden Fall Fingernägelkaupotential.
Etwas schade ist, dass man ab etwa der Hälfte der Geschichte erahnen kann, was hinter dem ganzen steckt und sich dadurch auch eine gewisse Langatmigkeit einschleicht. Dies vermag man aber einigermaßen gut zu kompensieren.
Und zwar mit Simon Jäger. Dieser spielt hier nicht nur den Protagonisten, sondern mimt gleichermaßen den Erzähler, der ja zugleich der Schreiber des Tagebuchs ist. Dies sorgt dafür, dass der Erzähleranteil sehr hoch ist. Gerade in der zweiten Hälfte, in welcher Richard die meiste Zeit allein auf dem Zimmer verbringt, drängen dessen Schilderungen die Hörspielszenen deutlich in den Hintergrund. Das mag sich nun zwar eher etwas unerfreulich für alle Hörspielfans anhören, doch ist das, was Simon Jäger hier aufbietet einfach fabelhaft. Schon als Erzähler schafft er einen unglaublich fesselnden und lebendigen Stil zu treffen, wenn er dann aber teils wieder in das direkte Spiel zurückfällt, ist das einfach nur noch großartig.
Auch wenn der restliche Cast mit Marianne Lutz, Bodo Wolf, Engelbert von Nordhauen und Tommy Morgenstern alles andere als unwürdig besetzt ist, so kann man durchaus davon sprechen, dass Simon Jäger dieses Hörspiel fast komplett allein bestimmt.
Herrschen anfangs sehr freundliche Klänge vor, wird es im Verlauf doch stets eine Nuance dunkler. Klassisch bleiben die unterlegten Stücke aber den gesamten Zeitraum über. Als breiter, jedoch unauffälliger Teppich ist die Musik unter den Erzählerparts stets präsent.
Fazit: Eine interessante Geschichte, die uns Hanns Ewers hier präsentiert. Erneut geht es eher schleichend und subtil zur Sache, mit einem deutlichen Fokus auf das Innenleben des Protagonisten. In der zweiten Hälfte, wenn man als Hörer das Geheimnis recht schnell durchschaut, schleichen sich zwar manche Längen ein, jedoch ist es vor allem Simon Jägers Darbietungen, die einen nichtsdestotrotz bis zum Schluss in ihren Bann zieht. Diese Leistung ist gewiss preisverdächtig.