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[Bildquelle:
www. hoerspielwelten.de]
Ausgaben:
Maritim, LP: 47 108 NW (1972)
Metronome, Unsere Welt, LP: UW 759, MC: 20.759 (1976)
Seite 1: 24:34, Seite 2: 24:49
Buch, Produktion & Regie: Kurt Vethake,
Musik: Arno Bergmann,
Toningenieur: Peter Wagner
Mit Rolf Marnitz (Tim/Erzähler), Eberhard Krug (Kapitän a. D. Haddock), Peter Schiff (Schulze & Schultze), Hans Mahlau (Prof. Bienlein), Claudia Marnitz (Zorrino), Heinz Rabe (Inka), Hans Schwarz (Chiquito), Andreas Grothausen (Huascar), Wolfgang Conradi (Polizeipräsident), Wolfgang Conradi [ungenannt] (Pedro, Mestize), Hans Schwarz [ungenannt] (1. Mestize), Heinz Rabe [ungenannt] (Indianer), Hans Schwarz [ungenannt] (Schrei des "Halunken"), Wolfgang Conradi [ungenannt] (Inka-Soldat)
Der Sonnentempel ist sicherlich DER Klassiker unter den Abenteuern von Tim & Struppi und wurde nicht umsonst 1969 zeichentrickmäßig erstmals auf die Leinwand gebracht. Kurt Vethake zeigte sich auch bei den Comics von Hergé als Hörspiel-Pionier und brachte 1972 den Stoff bei Maritim/Brigitte - zusammen mit der Zwillingsproduktion 'Der Fall Bienlein' - als erste 'Tim & Struppi'-Abenteuer auf die Langrille, in den Hauptrollen glänzten dabei in gut gelaunter Spielfreude Rolf Marnitz als rasender Reporter Tim, Eberhard Krug als bärbeissiger Kapitän 'Hunderttausend heulende Höllenhunde' Haddock und Peter Schiff als stotterndes Detektivduo Schulze & Schultze. Vier Jahre später wurde die Produktion beim 'Unsere Welt'-Label neu veröffentlicht, dazu produzierte Kurt Vethake noch 'Der blaue Lotus' [UW 754], diesmal mit Torsten Sense in der Hauptrolle, außerdem erschienen noch die Produktionen 'Flug 714 nach Sydney' [UW 756, Produktion: Studio Windrose-Dumont-Time, Buch: Buch: Hartmut Kiesewetter, mit Andreas von der Meden als Tim) sowie 'Das Geheimnis des Einhorn' [UW 757. Buch: Geoges Chevalier]. In den 80er Jahren wurde dann die gesamte 'Tim & Struppi'-Serie als Hörspielserie vom Team Weckler/Buresch/Herwald neu produziert und erschien auf Maritim-MCs.
Kurt Vethakes von schönen, hohen Flötentönen begleitete 'Sonnentempel'-Produktion zeigt nur wenig Schwächen, kurze Zweitrollen halten sich in Grenzen, wie bei der Zwillingsproduktion 'Der Fall Bienlein' könnte der Lautstärkepegel und Schnelligkeit der Geräusche etwas dynamischer sein, rein adaptionstechnisch gesehen hätte man auf die aus der Vorlage übernommene Szene, bei der die Wachsfiguren der sieben Wissenschaftler unwirksam gemacht werden und so von ihrem Dauerschlaf erlöst werden, verzichten können, da dies nur für Leser des Vorgeschichte 'Die sieben Kristallkugeln' richtig verständlich wird. Denn eigentlich ist die Geschichte ja ein Zweiteiler, so ist die Entführung Bienleins, der Auslöser für die Reise nach Südamerika, ja auch schon im vorherigen Comic geschildert.
Von diesen Kleinigkeiten abgesehen ist diese genretypische Abenteuergeschichte vom Typus 'Auf der Suche nach ... in einem exotischen Land' ideal umgesetzt, im Gegensatz zu den 'Fall Bienlein' verlangt die Geschichte auch keine verwirrenden ständigen Zick-Zack-Vor+Zurück-Ortswechsel sondern kann geradeaus erzählt werden. Natürlich verzichtet die Adaption dabei auf einige optische Spiellereien des Comics, so fehlt etwa der Running Gag des spukenden Lamas, bei der Überquerung der Anden wird auf Struppis und Tims 'Luftabenteuer' - als die beiden nacheinander von einem Condor davongetragen werden - verzichtet. Mit dieser Luftnummer dürfte Hergé wahrscheinlich auf eine ähnliche Szene in Jules Vernes 'Kinder des Kapitän Grant' angespielt haben. Auch die zentrale Szene des Comics, die vorausberechnete Sonnenfinsternis, dürfte ein literarisches Vorbild haben: in Henry Rider Haggards Roman 'König Salomons Minen' nutzt das Entdecker-Trio Allan Quatermain, Sir Henry Curtis & Captain Good ihre Kenntnis von einer bevorstehenden Mondfinsternis aus, um sich Respekt vor den dortigen afrikanischen Ureinwohnern zu verschaffen.
Den zwischen 1944 und 1947 entstandenen Comic dürften ferner zeitgenössische Forschungsreisen ins Reich der Inka angeregt haben, der Machu Picchu - zu dem übrigens von Cuzco aus eine der höchstgelegenen Eisenbahnen der Welt führt - wurde etwa erst 1911 entdeckt. Hergé versteckte Inka-Welt liegt aber etwas weiter nordwestlich. Tatsächlich hatten sich die überlebenden Inkas nach der Zerstörung ihres vorallem im hochland der Kordilleren gelegenden Reiches hinunter ins Urubamba-Tal zurückgezogen und dort noch ein bis zwei Jahrhunderte weiter existiert. Die Reiseroute im Comic ist von Callou nach Jauga (Jauja) eindeutig festgelegt, danach beginnen die Freunde Tim, Haddock und Zorrino eine nicht näher definierte Expedition nach Osten. Tatsächlich würde aber eine schnurrgerade Reise in diese Richtung zunächst durch die Anden - auch über schneebedeckte Gipfel - führen, dann einen Urwald im Tal der Ene kreuzen, und endlich in ein Andenvorgebirge führen, an dessen westlichen Rand schließlich der Sonnentempel gelegen sein müßte.