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Mittwoch, 16. Dezember 2009, 23:52

Freidoune Sahebjam: The Stoning

The Stoning
nach "La femme lapidée" von Freidoune Sahebjam

[isbn]3939121002[/isbn]
gelesen von Arianne Borbach und Tobias Meister

3 CDs, ca. 110 Minuten Lesung plus ca. 26 Minuten Soundtrack plus Ausschnitte aus dem gleichnamigen Film.

Die Ehe von Soraya M. verläuft alles andere als glücklich. Ihr Mann schlägt und mißhandelt sie sowie die gemeinsamen Kinder. Als die Revolution im Iran ausbricht, wittert ihr Mann plötzlich die große Freiheit, doch dabei sind ihm seine Frau und die Kinder im Weg, also fordert er die Scheidung. Sie jedoch widersetzt sich. Daraufhin plant ihr Mann ein Komplott, das schließlich darin gipfelt, daß er Soraya des Ehebruchs bezichtigt. Das Urteil der Dorfrats fällt einstimmig aus: die angebliche Ehebrecherin soll gesteinigt werden. Und so geschieht es.

Erschütternd. Echt erschütternd, daß mir diese Geschichte, die ja auf einer wahren Begebenheit beruht, so völlig sonstwo vorbeigeht. Das Hörbuch will anscheinend aufrütteln, auf eine unhaltbare Situation aufmerksam machen, das ist mir schon klar. Steinigung ist eine Sache, die heutzutage dringendst aus der Mode kommen sollte. Mit dieser Forderung gehe ich völlig konform. Aber das Letzte, was ich brauche, um mich in dieser Haltung zu bestärken, ist ein Buch, das sich anhört wie 1001 Nacht! Soraya ist natürlich wunderschön und fleißig und treu und von Herzen gut und eine liebende Mutter von neun Kindern und *hach* was für 'ne Heilige, während der Mann ein ganz fieser und fauler Möpp ist, der sich mit irgendwelchen anderen Arschgeigen zusammentut und eine Intrige spinnt, die so fadenscheinig ist, daß selbst Schweinchen Dick ins Grübeln kommen würde. Und natürlich wohnt auch sonst nur lynchgeiles Volk im Dorf, das bei der ersten Erwähnung des Wortes "Steinigung" gleich mal ans Sammeln von Schotter geht. Ja ne, is klar. Und als einzige glaubt die liebe Tante an die Unschuld der todgeweihten Nichte, hält ihr noch eine geradezu heroische Abschiedsrede, wie sie pathetischer nicht mal Obama himself gelingen würde. Unfreiwillig komisch kam bei mir der Satz an, die demnächst Gesteinigte solle optimistisch in die Zukunft blicken. Klar, fällt einem ja bei dem recht überschaubaren Zeitraum nicht sonderlich schwer, insbesondere wenn man weiß, daß da gleich 'ne Menge Probleme auf einen zugeflogen kommen ... Herrschaften ...
Die Charaktere spotten jeder Beschreibung - selbst meine Fußmatte hat mehr Niveau, Profil und Farbe als Soraya, ihr Mann und das sie umgebende Pack. Es gibt keine einzige Szene, bei der einem nicht das Wort "Groschenroman!" vor Augen tanzt, und das letzte Fitzelchen, das eventuell Spannung verursachen könnte, hat man für die besonders Anfälligen im Vorfeld eliminiert, indem man bereits im Titel verrät, worauf der Blödsinn hinausläuft, und im Klappentext, wie es danach weitergeht. Ein Wunder eigentlich, daß es Arianne Borbach und Tobias Meister gelingt, den Text zu präsentieren, ohne dabei permanent in ungläubiges Gelächter auszubrechen.

Um es nochmal zu betonen: das Thema ist natürlich eine ausgesprochen ernste Angelegenheit. Und daß dieses Hörbuch unter diesem Gesichtspunkt geradezu danach schreit, es ohne Anlauf in der Luft zu zerreißen, ist einfach erschütternd. Aber was Anderes kann man damit einfach nicht machen.

Um noch zwei positive Sachen anzumerken: der Soundtrack (in diesem Fall der Hörspiel-Soundtrack, der nicht mit dem Film-Soundtrack identisch ist!) geht in Ordnung. Und ein Teil des Erlöses jeder verkauften CD erhält amnesty international für den Kampf gegen die Steinigung. Kann ich mit meinem Gewissen vereinbaren. Auch wenn das Gesamtbild irgendwie skurril wirkt. Das ist ungefähr so, als ob der Internationale Verband für Bäcker und Konditoren einen Teil der Umsätze bekäme, die mit Lesungen und Hörspielen von "Hänsel & Gretel" gemacht werden ...

*kopfschüttel*

Gruß
Skywise
Radio Liederlicht
Liedermacher & Co.


Mittwoch.
Skywise: "Das ergibt deshalb keinen Sinn, weil's falsch ist. Wer hat dir denn den Blödsinn erzählt?"
Kollegin: "Kollegin X."
Skywise: "Na gut, die ist ja auch ein bißchen blöd."
Kollegin: "Kannste doch so nicht sagen!"
Skywise: "Hast recht. Streich' das 'bißchen'."