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acquire

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Sonntag, 25. April 2010, 18:39

Gruselkabinett Nr. 40/41 - Northanger Abbey (Titania Medien)

Der Roman "Northanger Abbey" der englischen Schriftstellerin Jane Austen könnte dem einen oder anderen unter dem deutschsprachigen Titel "Die Abtei von Northanger" bekannt sein. Der Roman ist eine Satire auf Schaueromane und erschien 1817.
Der Grund der Aufnahme dieses tollen Stoffes in die Gruselkabinettserie ist sicherlich der Satirehintergrund. In erster Linie handelt es sich nämlich um eine romantische Liebesgeschichte. Die erste CD, Folge 40, hat kleine einzige schaurige Stelle. Von der Atmosphäre und dem Verlauf der Geschichte erinnert das Hörspiel in erster Linie an die Vertonung der "Anne" Romane. Der Hörer wird vielmehr durch die Beschreibung des Geschehens in Versuchung geführt immer das Schlimmste zu vermuten und am Ende damit überrascht, dass nichts dahintersteckt, was man aus der Schauerliteratur kennt.

Die Sprecher sind allesamt hervorragend und jeder Sprecher passt zu seiner Rolle. Schön ist es nach "Alice im Wunderland" Luisa Wietzorek wieder in einem Titania Medien Hörspiel zu hören. Weitere Sprecher sind: Hasso Zorn, Marie-Luise Schramm, Robin Kahnmeyer, Ursula Sieg, Norbert Langer, Cathlen Gawlich, Tanya Kahana, Timmo Niesner, Marius Clarén, Otto Mellies, Regina Lemnitz, Monica Bielenstein, Wilfried Herbst, Marcel Collé und Roland Hemmo. Die Namen sprechen für sich und Hasso Zorn hat schon einmal als Erzähler im Gruselkabinett brilliert.

Neben den Sprechern hat mir die Musikauswahl besonders gut gefallen. Dieses voranschreitende Thema passt sehr gut zum Gruselkabinett und auch der Handlung. Die Geräuschkulisse ist gewohnt gut. Alle unheimlichen Momente auf der zweiten CD (Folge 41) sind hervorragend vertont worden.

Fazit
Das Hörspiel ist eine wunderbare romantische Liebesgeschichte, die die klassische Schauerromantik ein wenig auf die Schippe nimmt. Zum Beispiel indem auf der ersten CD (Folge 40) diverse Figuren wie in Schauerromanen eingeführt werden. Schnell schwant dem Hörer übles hinter den makellosen Fassaden. Handelt es sich um eine Vampirfamilie? Was ist das Motiv? - Viele Fragen stellen sich dem erfahrenen Gruselkabinett-Hörer.
Nachdem die erste CD (Folge 40) keine schaurigen Momente bietet, sondern vielmehr die Ausgangslage für den möglichen Schauer darstellt, liefert die zweite CD (Folge 41) gleich zu Beginn die schaurigen Momente, die überwiegend auf der Interpretation der Protagonistin beruhen, denen sich der Hörer gerne anschließt.
Zum Schluss stellt sich jedoch die Enttäuschung beim Hörer ein: Hinter allem, hinter dem ein dunkles Geheimnis zu sein schien, steckt nichts "böses" und die Liebesgeschichte löst sich in wohlgefallen auf. Dieses Hörspiel hätte eine (überlange) Episode der Serie "Anne" sein können.
Für mich ist es deutlich zu wenig den Schauerroman auf die Schippe zu nehmen und dann nur sehr seichten Schauer zu erzeugen, der auch noch einen minimalen Bruchteil der Hörspielhandlung einnimmt. Von einem Hörspiel im Gruselkabinett erwarte ich entweder richtigen Grusel oder den schönen romantischen Schauer, bei dem dann aber auch tatsächlich das "Böse" am Werk war.
Wäre dies ein Einzelhörspiel, wäre ich nicht Enttäuscht gewesen, sondern hellauf begeistert. Die Geschichte und Produktion sind hervorragend. Schwere Kritik gibt es für der Einreihung ins Gruselkabinett. Vielleicht sollte Titania Medien eine zweite Reihe für romantischen Romane herausgeben, für die Stoffe ohne oder nur mit wenig schaurigen Momenten ausgesucht werden.

DRY

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2

Sonntag, 25. April 2010, 21:31

Catherine Morland ist eine begeisterte Leserin von Schauerromanen. Wenn das mal nicht nach der optimalen Seelenverwandtschaft zu den Liebhabern von Titanias Gruselkabinett aussieht.
Doch ganz so ist es leider nicht. Denn alles, was sich an schaurigen Momenten innerhalb dieses Hörspiels abspielen soll, ist maximal ihrer blühenden Phantasie geschuldet.

Catherine bekommt die Möglichkeit ein befreundetes Ehepaar ihrer Eltern nach Bath zu begleiten, wo sie in festlicher Gesellschaft schon bald ihre ersten Bekanntschaften macht. Gerade die Bälle haben es ihr angetan. Als sie den jungen Pfarrer Henry Tilney und dessen Schwester näher kennen lernt, wird sie von diesen nach Northanger Abbey eingeladen. Einem Gebäude, in dem es dem Hören-Sagen nach nicht so ganz mit rechten Dingen zugehen soll...

Titanias größte Stärke ist es zweifellos mittels einer tollen Sprecherriege und einer stimmungsvollen Kulisse vergangene Zeiten aufleben zu lassen. Seien es die zeittypischen Verhaltensmuster, Probleme und Freuden. Darauf darf man sich auch diesmal wieder freuen. Inzwischen ist dies zwar schon so selbstverständlich geworden, dass man gar nicht weniger erwartet, nichtsdestotrotz gilt es das in diesem Fall nochmals besonders herauszustellen. Denn die nun folgenden Aspekte sind leider längst nicht so erfreulich.

Dass man innerhalb des Gruselkabinetts nicht immer nur reine Horrorgeschichten zu Gehör bekommt, dürfte inzwischen bekannt sein. Und solange man zumindest im wesentlichen der Idee der Schauerromantik folgt, kann die Stärke der vielschichtig dargestellten Charaktere mit ihren Problemen durchaus mal über manch fehlende Gänsehautszenen hinwegtrösten. Erinnert man sich allerdings solch beeindruckender Hörspiele wie jenes rund um die schicksalhafte Fahrt der U29 im vorherigen Hörspiel-Abenteuer, macht sich bei der vorliegenden Doppelfolge direkt nochmals so viel Enttäuschung breit.

Seien wir ehrlich: die Geschichte von Jane Austen mag prinzipiell nett sein, ist aber alles in allem VIEL zu harmlos, um auch nur im entferntesten noch in die Bereiche des Gruselkabinetts zu gehören. Die Darstellung der neuen Bekanntschaften, der damit verbundenen ersten Liebschaften - all das also, was allein den gesamten ersten Teil füllt - könnte genauso gut auch in der Reihe um Anne Shirley angesiedelt sein, die ja ebenfalls von Titania vertont wird. Und in einem solchen Rahmen hätte diese Geschichte auch gleich einen anderen Eindruck gemacht.
Zu Beginn des zweiten Teils keimt zumindest im Ansatz so etwas wie eine schaurige Atmosphäre auf, aber das in einem Umfang, der dem Überbegriff "Gruselkabinett" nicht im mindesten gerecht wird. Damit einem hierbei eine Gänsehaut über den Rücken läuft, muss der Wind schon mit mindestens Minus zwanzig Grad an der eigenen Kleidung zerren.

Wäre da nicht die gewohnt starke Umsetzung, das herausragende Einfangen der Atmosphäre vergangener Tage, sei es durch das Reisen mit Kutschen oder der Besuch der prachtvollen Bälle, so würde meine abschließende Wertung wohl deutlich vernichtender ausfallen. Doch auch so lässt mich dieses Hörspiel (das zudem auch noch zwei Teile spendiert bekommt) ziemlich enttäuscht zurück.
Daran vermag auch das Auftreten von Leuten wie Norbert Langer, Hasso Zorn und Marie-Luise Schramms nichts zu ändern. Denn was den Sprechercast betrifft, muss man sagen, dass das Aufgebot doch beeindruckend ist. Aber es ist eben auch nicht alles.

Fazit: Eine Geschichte, die im Rahmen des Gruselkabinetts reichlich deplatziert wirkt. Da mag auch die akkurate akkustische Umsetzung nichts daran ändern. Das, was wir hier geboten bekommen, ist vielmehr Liebesgeschichte als Grusel.
Insofern bleibt mir hier eigentlich nicht viel übrig, als zum ersten Mal mehr als eine abschließende Wertung auszugeben.

Note 4 (im Rahmen des Gruselkabinetts)
Note 2+ (das Hörspiel für sich betrachtet)

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