Catherine Morland ist eine begeisterte Leserin von Schauerromanen. Wenn das mal nicht nach der optimalen Seelenverwandtschaft zu den Liebhabern von Titanias Gruselkabinett aussieht.
Doch ganz so ist es leider nicht. Denn alles, was sich an schaurigen Momenten innerhalb dieses Hörspiels abspielen soll, ist maximal ihrer blühenden Phantasie geschuldet.
Catherine bekommt die Möglichkeit ein befreundetes Ehepaar ihrer Eltern nach Bath zu begleiten, wo sie in festlicher Gesellschaft schon bald ihre ersten Bekanntschaften macht. Gerade die Bälle haben es ihr angetan. Als sie den jungen Pfarrer Henry Tilney und dessen Schwester näher kennen lernt, wird sie von diesen nach Northanger Abbey eingeladen. Einem Gebäude, in dem es dem Hören-Sagen nach nicht so ganz mit rechten Dingen zugehen soll...
Titanias größte Stärke ist es zweifellos mittels einer tollen Sprecherriege und einer stimmungsvollen Kulisse vergangene Zeiten aufleben zu lassen. Seien es die zeittypischen Verhaltensmuster, Probleme und Freuden. Darauf darf man sich auch diesmal wieder freuen. Inzwischen ist dies zwar schon so selbstverständlich geworden, dass man gar nicht weniger erwartet, nichtsdestotrotz gilt es das in diesem Fall nochmals besonders herauszustellen. Denn die nun folgenden Aspekte sind leider längst nicht so erfreulich.
Dass man innerhalb des Gruselkabinetts nicht immer nur reine Horrorgeschichten zu Gehör bekommt, dürfte inzwischen bekannt sein. Und solange man zumindest im wesentlichen der Idee der Schauerromantik folgt, kann die Stärke der vielschichtig dargestellten Charaktere mit ihren Problemen durchaus mal über manch fehlende Gänsehautszenen hinwegtrösten. Erinnert man sich allerdings solch beeindruckender Hörspiele wie jenes rund um die schicksalhafte Fahrt der U29 im vorherigen Hörspiel-Abenteuer, macht sich bei der vorliegenden Doppelfolge direkt nochmals so viel Enttäuschung breit.
Seien wir ehrlich: die Geschichte von Jane Austen mag prinzipiell nett sein, ist aber alles in allem VIEL zu harmlos, um auch nur im entferntesten noch in die Bereiche des Gruselkabinetts zu gehören. Die Darstellung der neuen Bekanntschaften, der damit verbundenen ersten Liebschaften - all das also, was allein den gesamten ersten Teil füllt - könnte genauso gut auch in der Reihe um Anne Shirley angesiedelt sein, die ja ebenfalls von Titania vertont wird. Und in einem solchen Rahmen hätte diese Geschichte auch gleich einen anderen Eindruck gemacht.
Zu Beginn des zweiten Teils keimt zumindest im Ansatz so etwas wie eine schaurige Atmosphäre auf, aber das in einem Umfang, der dem Überbegriff "Gruselkabinett" nicht im mindesten gerecht wird. Damit einem hierbei eine Gänsehaut über den Rücken läuft, muss der Wind schon mit mindestens Minus zwanzig Grad an der eigenen Kleidung zerren.
Wäre da nicht die gewohnt starke Umsetzung, das herausragende Einfangen der Atmosphäre vergangener Tage, sei es durch das Reisen mit Kutschen oder der Besuch der prachtvollen Bälle, so würde meine abschließende Wertung wohl deutlich vernichtender ausfallen. Doch auch so lässt mich dieses Hörspiel (das zudem auch noch zwei Teile spendiert bekommt) ziemlich enttäuscht zurück.
Daran vermag auch das Auftreten von Leuten wie Norbert Langer, Hasso Zorn und Marie-Luise Schramms nichts zu ändern. Denn was den Sprechercast betrifft, muss man sagen, dass das Aufgebot doch beeindruckend ist. Aber es ist eben auch nicht alles.
Fazit: Eine Geschichte, die im Rahmen des Gruselkabinetts reichlich deplatziert wirkt. Da mag auch die akkurate akkustische Umsetzung nichts daran ändern. Das, was wir hier geboten bekommen, ist vielmehr Liebesgeschichte als Grusel.
Insofern bleibt mir hier eigentlich nicht viel übrig, als zum ersten Mal mehr als eine abschließende Wertung auszugeben.
Note 4 (im Rahmen des Gruselkabinetts)
Note 2+ (das Hörspiel für sich betrachtet)
Fandest du diese Rezension hilfreich? Jetzt abstimmen unter http://www.hoerspiel3.de/folgen.php?id=3759