Deutsche arbeiten länger als angenommen
Arbeitskräfte in Deutschland arbeiten einer Studie zufolge im Durchschnitt länger als normalerweise angenommen wird. Ein Grund dafür: Weit mehr als die Hälfte aller Vollzeitbeschäftigten leistet Überstunden.
Berlin - Mit durchschnittlich 41 Wochenstunden liege Deutschland EU-weit im Mittelfeld bei den Arbeitszeiten, schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) in seinem Wochenbericht. Lediglich 40 Prozent aller Arbeitnehmer kommen in einer üblichen Arbeitswoche genau auf die vorgesehene Arbeitszeit. Etwa jeder Fünfte leistet mehr als fünf Überstunden pro Woche.
Vor allem bei Vollzeitbeschäftigten fallen Überstunden an, wie das DIW erklärte. Im Schnitt liege die tatsächlich geleistete wöchentliche Arbeitszeit zehn Prozent über einer vertraglich vereinbarten Zeit von 38,4 Wochenstunden. Jeder Zehnte komme sogar auf mehr als zehn Stunden Mehrarbeit pro Woche. "Das ist durchaus als eine erhebliche betriebliche Flexibilität zu werten", stellt das Wirtschaftsforschungsinstitut fest.
Je höher die Position, desto länger der Tag
Über die Länge der tatsächlichen Arbeitszeit im internationalen Vergleich ließen sich wegen fehlender Daten keine abschließenden Aussagen treffen, stellte das DIW klar. Nach dem derzeitigen Forschungsstand sei es aber auf jeden Fall unzulässig, den deutschen Arbeitnehmern als Spitzenreiter bei der Freizeit darzustellen.
Die wöchentliche Arbeitszeit ist ungleich verteilt. Sie ist umso höher, je größer die geforderte Qualifikation für die berufliche Tätigkeit ist, wie das DIW berichtet. So leisteten Führungskräfte mit vertraglich festgeschriebenen Arbeitszeiten knapp zehn Überstunden pro Woche. Bei der Gruppe der un- und angelernten Arbeiter, den Angestellten ohne Berufsausbildung und den einfachen Beamten sind es den Angaben zufolge nur 2,6 Stunden Mehrarbeit.
Kürzere Arbeitszeiten für Gewerkschaftsmitglieder
Generell arbeiteten Gewerkschaftsmitglieder nicht so lange wie unorganisierte Beschäftigte. Die Wochenarbeitszeit bei Frauen sei kürzer als bei Männern. Das hänge aber in erheblichem Maß damit zusammen, dass Frauen in Führungspositionen - die mit vergleichsweise lange Arbeitszeiten verbunden sind - immer noch unterrepräsentiert seien.
Knapp die Hälfte der Beschäftigten gleicht Überstunden der Studie zufolge mit Freizeit aus. Nur eine Minderheit leiste Mehrarbeit ausschließlich gegen Entlohnung. Bei einem Fünftel würden Überstunden gar nicht abgegolten.
Das DIW stellt außerdem fest, dass es in keinem anderen EU-Land so eine breite regionale Streuung an gesetzlichen Feiertagen wie in Deutschland gebe. Insgesamt hat Deutschland 15 verschiedene Feiertage, Bayern hat mit 14 Tagen die meisten. Einige protestantische Bundesländer im Norden kommen dagegen nur auf neun Feiertage. Gewichtet mit der Zahl der Arbeitnehmer in den einzelnen Bundesländern ergeben sich den Angaben zufolge bundesweit 10,9 Feiertage. Damit liege Deutschland unter dem Durchschnitt der EU-Länder vor der Erweiterung.
Quelle: [URL=http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,328384,00.html]Spiegel Online[/URL]