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Krimi/Thriller: Arne Dahl - Tiefer Schmerz

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Donnerstag, 11. August 2005, 19:01

Arne Dahl - Tiefer Schmerz

Arne Dahl - Tiefer Schmerz



Autorisierte Hörfassung
gelesen von Till Hagen
545 Minuten
steinbach sprechende bücher
6-CD-Box; ISBN 3-88698-764-7; 24,90 Euro

Inhalt:
Ein Zuhälter dient im Tierpark von Stockholm den Vielfraßen als Futter, ein arabischer Handy-Dieb wird auf den Schienen einer U-Bahn-Station zerstückelt, und einem ehemaligen KZ-Häftling wird ein Draht in die Schläfe gestoßen...
Arne Dahl berührt die dunkelste Seite menschlichen Daseins und erzählt die Geschichte unendlicher Qualen, die ihren Ursprung im Zweiten Weltkrieg in Nazi-Deutschland hat.


Kritik:

Wahrlich kein schöner Anblick ist der Tote, den Kommissar Paul Hjelm und sein Kollege Jorge Chavez im Gehege der Vielfraße des Stockholmer Zoos vorfinden. Beziehungsweise die spärlichen Überreste des Menschen, die nicht dem unstillbaren Appetit der Vielfraße zum Opfer gefallen sind. Spärlich sind denn auch die Spuren, die Hjelm vom Tatort mitnimmt: eine merkwürdige lange Metallnadel und die letzte Botschaft des Opfers, die aus dem Wort „Epivu“ besteht.
Unterdessen werden Hjelms Kollegen Sara Svenhagen und Kerstin Holm an einen anderen Ort gerufen: Acht Zwangsprostituierte aus der Ukraine sind spurlos aus einem Asylantenheim verschunden, und keiner hat sie seitdem mehr gesehen. Als etwas später dann der fast neunzigjährige jüdische Hirnforscher und Nobelpreiskandidat Sheinkman ermordet aufgefunden wird – er baumelt kopfüber an einem Baum auf dem jüdischen Friedhof, eine lange Nadel steckt in seiner Schläfe, die grausame Qualen erzeugt haben muss – entpuppen sich die verschiedenen Taten und Ereignisse als Fäden eines großen Ganzen. Hjelm und seine A-Gruppe ermitteln plötzlich in einem europaweit übergreifenden Fall, der so gar keine Verbindungen aufweist – außer der Nadel, die in mehreren Mordfällen in ganz Europa aufgetaucht ist... Aber was hat ein KZ-Überlebender und angesehener Hirnforscher mit einem griechischen Zuhälter gemeinsam, als den die A-Gruppe das Opfer im Zoo identifizieren konnte? Erst als der arabische Handydieb Hamid an einer Stockholmer U-Bahn-Station einen grausamen Tod findet, lassen sich die Fäden zaghaft entwirren...
Spuren führen Hjelm und seine Leute über Odessa und Mailand bis nach Weimar, wo im Kriegsjahr 1945 unfassbar bestialische Gräueltaten den Ursprung zu den Gräueltaten bildeten, die nun endlich - im Jahr 2000 - eine qualvolle Spur von Schmerz und Tod quer durch Europa ziehen...

Hjelms Roman fasziniert zum einen wegen der intelligenten, abgründigen Geschichte, zum anderen wegen seiner „tragischen“ Helden, die noch 55 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Schicksal der Kriegsopfer und auch mit ihrer eigenen Geschichte konfroniert werden. Es geht um Opfer und Täter, damals wie jetzt, und um die Bewältigung totgeschwiegener Kriegstaten, an denen auch Schweden beteiligt waren. Dahl hat sich mit diesem schwer verdaulichen, sehr unter die Haut gehenden Kriminalroman an ein heißes Tabu-Thema gewagt. Was dabei herausgekommen ist, kann sich sehen bzw. hören lassen: eine bewegende Story, die ihre Hörer gefangen nimmt und bis zum (überraschenden) Ende nicht loslässt. Vor allem die Charaktere erscheinen bezwingend real. Das macht es einem leicht, in den immerhin schon vierten Fall des A-Teams einzusteigen, ohne dass man das Gefühl hat, es fehlt einem ein Stück Vorgeschichte, wenn man die ersten drei Romane nicht kennt. Aber nach dem imponierenden „Fall 4“ hat man sich als Krimiliebhaber sowieso schon die ersten drei Fälle auf die Wunschliste gesetzt, denn Arne Dahl darf nach „Tiefer Schmerz“ getrost als neuer Geheimtipp für Freunde des nordischen Krimis gelten.

Till Hagen, die deutsche Stimme von Kevin Spacey, tut ein Übriges dazu, die spannende Geschichte tief ins Gedächtnis einzubrennen: er trägt den Roman hervorragend vor, sehr intensiv, ohne dabei laut zu werden oder sich selbst in den Vordergrund zu spielen. Eine perfekte Leistung, ohne jeden Schnickschnack, bar jeder Kritik. Till Hagen ist eine echte Bereicherung auf dem Hörbuch-Markt.

Das sieben CDs umfassende Hörbuch liegt in einer stabilen Pappbox, mit begleitendem vierseitigen Booklet. Die CDs sind mit 12 bis 17 Tracks gut ausgestattet und mit 75 bis 82 Minuten randvoll gepresst.


Fazit:

Schuld und Unschuld, Opfer und Täter – bei Dahl wie im Leben nicht leicht zu trennen. Ein packender Kriminalroman, der nicht nur spannend und intelligent unterhält, sondern auch ein Thema aufarbeitet, mit dem viele schon abgeschlossen glaubten. Sehr gut geschrieben, sehr gut vorgetragen und damit ein echter Hörtipp! :up:


Weitere Infos: http://www.sprechendebuecher.de
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2

Freitag, 12. August 2005, 09:03

Klingt vielversprechend - schönen Dank für die ausführliche Rezi, gruenspatz :super:
Gruß, dot

3

Freitag, 12. August 2005, 20:20

Aber bitte, gern geschehen - vor allem, wenn das Hören solchen Spaß macht wie in diesem Fall. :]
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »gruenspatz« (12. August 2005, 20:21)