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Matze

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Sonntag, 27. November 2005, 16:03

LiteraturClips V mit »Top 100«

Am 3. Dezember präsentiert drumheads.de ab 14.04 das zufallgesteuerte Hörspiel »Top 100« mit den Artisten: Phillip Boa, Frank Michaelis, Scoredreth, Bela Bartók, Luis de Narvaéz, Der Plan, Tom Täger, K.H. Blomann, uva.

Künstler aus drei verschiedenen Generationen haben die "Audio-Clip"-Reihe "Top 100" erarbeitet, eine ironische Antwort auf unsere Hitparadenkultur. Eine Serie von extrem kurzen Hörspielen und radiophonen Kompositionen (maximal eine Minute) signalisiert in Form von akustischen Sequenzen (Jingles) den Fragmentarismus unserer Zeit, von dem kein Genre gegenwärtigen künstlerischen Schaffens unberührt bleibt.

"Top 100" setzt sich aus einer Reihe von Literaturclips zusammen, die Klänge, Musikminiaturen und Wortfelder beinhalten. Als gestalterisches Vorbild dienen die japanischen Haikus: einfache Sätze und Beobachtungen ohne Inhaltsschwere, aber mit starken Effekten. Poetische Momente treffen auf industriellen Lärm, Licks auf Lyrik, Grooves auf Gebrummel. Gefragt ist die Idee pur ohne chemische Zusätze. Entstanden ist "Top 100" durch das "Miteinander- und Gegeneinanderarbeiten" von Künstlern aus verschiedenen Sparten.

Auf drumheads.de ist "Top 100" am 3. Dezember als virtuelles akustisches Erlebnis zu hören. Mittels Digitaltechnik wird ein "Hörspiel als Spiel" kreiert, dessen einzelne Fragmente vom Zufallsgenerator (Random oder Shuffle am CD-Player) in unvorhersagbarer Reihenfolge "zusammengewürfelt" werden.

Mit der Industrialisierung begann das Zeitalter der Kurzgeschichte. Damit war die Geschichte des bürgerlichen Bildungsromans beendet.

Wenn die Geschichte der Medien die Geschichte einer Konkurrenz ist, begann sie mit einem Vorsprung. Die Dichter hatten die Montage entdeckt, als die ersten Photographen noch Stunden brauchten, um ein einzelnes Bild zu entwickeln.

Es war, als hätte die Literatur den Film erahnt und als er kam, genossen sie gemeinsam den Rausch der sich überstürzenden Eindrücke. Das Drehbuch wurde erfunden, später der Rundfunk mit dem Hörspiel begrüßt. Als das Fernsehen sich breit machte, fand es die Schriftsteller schon in skeptischer Distanz. Multimediales Spiel mit Video, Performances und Installationen dachten Maler und Musiker sich aus, deren Zaungäste manchmal auch Dichter waren.

Der Videoclip, ein durch Bildschnitt und Rhythmus bestimmtes Medium, überholte sie alle. Trotzdem verweigert sich die Wortkunst seiner Inspiration. Es scheint, dass sich die Literaten vom flüchtigen ästhetischen Reiz nicht den langen Atem rauben lassen wollen. Uns ist diese kurze Form einen Versuch wert. Schon weil sie sich an einem anderen Ende der Welt ganz unverdächtig bewährt hat: im japanischen Haiku. Haikus sind einfache Sätze. Beobachtungen, in denen fast nichts passiert. Nur dass gerade ein Frosch ins Wasser springt. Der Haiku bedeutet nichts und wirkt trotzdem.

Zwischen der Leere des Zen-Spruchs und dem hysterischen Rhythmus des Videoclips ist eine Form zu entdecken, die sich hören lassen kann. Nur so kann Literatur, will sie auf die veränderten medialen Verhältnisse und die dadurch erzeugten Wirklichkeiten reagieren, einen innovativen Input erhalten und letztlich eine weitere Existenzberechtigung. Mit der Digitalisierung beginnt das Zeitalter des Literaturclips. Nach einer Minute ist alles vorbei. Umschalten. Dann kommt die nächste Story.

Top 100 ist die ironische Antwort auf unsere Hitparadenkultur. Wo auf überkommene Formen verzichtet wird, müssen neue Logistiken gefunden werden. Kurzhörspiele, die in maximal einer Minute erzählt werden und den Fragmentarismus unserer Zeit widerspiegeln.

99 Bagatellen warten auf ihre Umsetzung, um dann durch den Hörer neu umgesetzt zu werden. Mit dem Zufallsgenerator im CD-Player entsteht das digitale Hörspiel.


»Top 100« ist erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de
In der Bedeutung des Lehnworts aus dem Französischen, wo der "amateur d' art" den kenntnisreichen, enthusiastischen Liebhaber der Künste meint, bin ich ein Dilettant.