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Pandoras Play: Öffne die Tür...

1

Freitag, 9. Dezember 2005, 20:03

Öffne die Tür...

Ok eigentlich wollte ich nur drum beten besagten Titel in mein Abo aufzunehmen.

Aber dann kann ich auch mal die Beschreibung ausm Shop posten ;)

Zitat

Bo zieht in eine neue Wohnung. Der Rest des Hauses steht noch leer und soll erst später umgebaut werden. Bos Bruder Leif ist in einem Sanatorium untergebracht, Bo besucht ihn ab und an. Bo beginnt seine Arbeit als Setzer und freundet sich bald mit dem Kulturredakteur Jost an. Bo begegnet Fee. Sie gehen miteinander aus. Fee verbringt eine Nacht bei Bo. Im Morgengrauen wacht Bo auf und Fee ist weg. Die Tür zum Treppenhaus steht weit offen – so offen wie die Frage, wo Bo tatsächlich wohnt...

Eine böse Gruselgeschichte mit toller Besetzung (Marco Göllner, Andreas Fröhlich u.a.), zum Verrücktwerden clever...

Tina

Queen

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2

Freitag, 9. Dezember 2005, 20:15

Hört sich vielversprechend an! Auf meinem Wunschzettel ist noch ein Plätzchen frei! :up:

3

Freitag, 9. Dezember 2005, 20:50

RE: Öffne die Tür...

Zitat

Original von Volker
Ok eigentlich wollte ich nur drum beten besagten Titel in mein Abo aufzunehmen.

Da melde ich mich doch gleich auch mal an! :] Bitte mit "Chronologie 4" mitschicken! :] :]

Waschbär

Am Institut für Strahlenkunde und Pendelistik

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4

Samstag, 10. Dezember 2005, 09:50

Die Geschichte hört sich wirklich vielversprechend an. Ich freue mich aufs Hören... :]
Was andere Leute uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.

Es würde nur sehr wenig Böses auf Erden getan werden, wenn das Böse niemals im Namen des Guten getan werden könnte.

Marie v. Ebner-Eschenbach

5

Mittwoch, 14. Dezember 2005, 12:01

ich habe es schon am montag gehört und bin echt von den socken. mit der auflösung hätte ich niemals gerechnet !!!

@ herr göllner: hut ab, mein lieber !!

Tina

Queen

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Beruf: Stalker

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6

Montag, 7. August 2006, 13:50

Was lange währt, wird endlich gut...! So, nun habe ich auch endlich Eurer Ausnahmehörspiel durch den CD-Player laufen lassen und möchte Euch ein großes Kompliment machen! Sogar meine bessere Hälfte, die eigentlich nicht so wirklich was mit HSP anfangen kann, saß wie gebannt auf dem Sofa. ;)

Weiter so! Als nächstes sind die Grüße aus Gehenna fällig! :)

7

Montag, 7. August 2006, 17:54

Hi,

danke danke, wir sind dabei! :]
Pandoras Play
Behnke & Brandhorst Hörspielproduktionen
E-Mail mail@pandorasplay.de
Homepage: www.pandorasplay.de
Pandoras Play Online-Shop

8

Mittwoch, 23. August 2006, 15:53

Ich hab's nu auch endlich zu Ohren bekommen und bin auch sehr angetan. Und das Lob von Thomas an Marco Göllner kann ich nur unterstreichen, Wahnsinn, wie sich der Mann gesteigert hat.
Ich weiss, ihr PPs haltet euch mit sowas eher zurück, aber ich frage jetzt trotzdem mal:
Wo bzw. wie hat der Mann das in relativ kurzer Zeit so gesteigert??? :)

Psychonaut

unregistriert

9

Samstag, 26. Mai 2007, 15:25

Öffne die Tür ist eins der besten Einzelhörspiele aller Zeiten. Leider ist der Mix arg mißlungen (zu leise, Stimmen eher im Hintergrund, Effekte blasen einen dafür um...). Hoffentlich wird das beim zweiten Einzelhörspiel besser. Und hoffentlich kommt das bald. :DD

HerrGöllner

unregistriert

10

Montag, 20. August 2007, 20:13

Die Wahrheit über OPEN THE DOOR!

Die Wahrheit über
Open The Door – Öffne die Tür
Hörspiel von Marco Göllner


Sollten Sie das Hörspiel „Open The Door – Öffne Die Tür“ noch nicht gehört haben, aber vorhaben, dies noch zu tun, lesen Sie nicht weiter!
Denn der nachfolgende Text nimmt Ihnen die Spannung und das Mitfiebern und ist lediglich gedacht, für all die Menschen, die das Hörspiel begeistert hat und die mehr darüber erfahren wollen und mir viele Fragen gestellt haben.
Nun - über zwei Jahre nach Erstausstrahlung beim Saarländischen Rundfunk - sei es erlaubt, ein paar Details zu verraten:

Der Inhalt
Es geht um die Krankheit Schizophrenie.

Was ist Schizophrenie?
Laut Duden besteht das Wort Schizophrenie aus den beiden Teilen „schizo“, was so viel heißt wie „spalten“ und dem Wort „phren“, was soviel bedeutet, wie „Zwerchfell, Geist, Gemüt“. Eingeführt wurde der Begriff, wie wir ihn heute verstehen, am Anfang des letzten Jahrhunderts von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuler. „Er wollte mit diesem Begriff betonen, dass das auffälligste Merkmal dieser Erkrankung eine Zerrissenheit im Fühlen und Denken ist.“ (Hell, Daniel und Daniel Schüpbach; Schizophrenien – Ein Ratgeber für Patienten und Angehörige. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2004)
Weltweit sind Schätzungen zu Folge etwa 40 Millionen Menschen davon betroffen. So vielfältig wie diese einzelnen Menschen, so vielfältig sind auch die verschiedenen Erscheinungsformen von Schizophrenie. Schizophrenie bildet den Überbegriff für eine ganze Reihe von Erkrankungen, weshalb in medizinischen Ratgebern meist die Mehrzahl Schizophrenien gebraucht wird.
Grundsätzlich ist eine Schizophrenie nichts anderes als eine Stoffwechselerkrankung im Gehirn. Vergleichbar mit anderen Stoffwechselerkrankungen wie z.B. Diabetes. Die Botenstoffe im Gehirn stehen mit der Krankheit nicht mehr im gleichen Verhältnis zueinander wie zuvor. Diese Ungleichheit führt zu einem ungleichen Verhältnis der Wahrnehmung. Was zuvor gerade war, ist nun ver-rückt. Die Sinneseindrücke eines an Schizophrenie erkrankten Menschen sind verschoben und führen zu einer veränderten Wahrnehmung der Realität. „Das Denken und Fühlen verändert sich in einer Weise, dass man sich selbst und der Umwelt fremd wird.“ (Prof Dr. med. Max Georg Schmauß, Präsident der DGPPN in der Broschüre “anders gleich sein”)

Diagnose und Erscheinungsformen
Auf Grund der Vielfältigkeiten von Schizophrenien und ihrer Nicht-Messbarkeit (im äußerlichen Sinne) ist eine Diagnose schwierig. Als Behelf gibt es heute „die Richtlinien zweier Klassifikationssysteme“ (Hell, s.o.) anhand derer man Schizophrenie diagnostizieren kann. Ein amerikanisches System und das ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation. Grundsätzlich sei gesagt, dass Schizophrenie nicht an einem einzelnen Symptom ausgemacht wird. Mindestens zwei müssen in einem bestimmten Zeitraum auftreten, dass man von einer Diagnose sprechen kann.
Im ICD-10 sind folgende Symptome aufgeführt:

- Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung
es handelt sich um sog. Ich-Störung, bei denen die Grenze zwischen „ich“ und Umwelt verschwimmt. So werden etwa Gedanken und Gefühle als fremd bzw. als von außen gemacht wahrgenommen, oder der Kranke nimmt seine Umgebung als verwandelt – wie für ihn hingestellt – wahr

- Wahn
Als Wahn bezeichnet man eine unkorrigierbare Beurteilung der
Realität, die der Erfahrung und Überzeugung anderer Menschen
widerspricht. Schizophrene Kranke sind oft wahnhaft davon
überzeugt, dass sie beeinflusst oder kontrolliert werden.

- Stimmenhören (akustische Halluzination)
Der Kranke hört jemanden oder mehrere Personen sprechen, ohne dass andere diese Stimmen vernehmen können. Diese Stimmen können untereinander Dialoge führen, das Tun der Kranken kommentieren oder Befehle erteilen

- Bizarrer Wahn
Der Kranke ist z.B. überzeugt, eine historische oder andere bekannte Persönlichkeit zu sein oder übermenschliche Kräfte zu besitzen:

- Anhaltende Sinnestäuschung (Halluzination) anderer Sinne
z.B. anhaltende Geruchs-, Geschmacks- oder Körperhalluzinationen begleitet von flüchtigen Wahngedanken


- Störung des Gedankenflusses
z.B. Gedankenabreißen, Gedankeneinschub oder Zerfahrenheit

- Störungen des psychomotorischen Ausdrucks
z.B. Bewegungsstereotypien, Stupor oder anhaltendes Schweigen.

- Negative Symptome
z.B. sozialer Rückzug, Apathie, Sprachverarmung.

(Hell, Daniel s.o.)


Verlauf der Krankheit
Auch bei Ausbruch der Krankheit ist wieder von Vielfältigkeit auszugehen. Mit plötzlichem Auftreten von Symptomen spricht man von einem akuten Beginn, wobei sich die Krankheit aber auch langsam, auch über Jahre hinweg, entwickeln kann, mit dem dann so genannten schleichenden Beginn.
Genauso unterschiedlich sind die Krankheitsverläufe. Grundsätzlich kann man von Schüben sprechen, wo die Krankheit mal mehr und mal weniger akut ist. Bei manchen Kranken bricht die Krankheit aus, klingt wieder ab, ist für Jahre nicht spürbar, bis ein erneuter Schub kommt (Phasischer Verlauf), wogegen bei anderen der Schub auftritt, wenig bis kaum abnimmt, erneut anschwillt und so weiter (Chronischer Verlauf).
Es gibt Langzeitbeobachtungen wonach 25% der Patienten einen akuten Schub haben, danach 3 weitere und dann praktisch nie mehr etwas von der Krankheit spüren. Leider stehen dem gegenüber 24%, die einen schleichenden Beginn vorweisen und danach die Krankheit den Rest ihres Lebens mit sich tragen.
Dies sind die beiden gängigsten Verläufe. Die übrigen 51 Prozent weisen weitere unterschiedliche Krankheitsverläufe auf. Diese Zahlen sind international ähnlich und somit deckungsgleich. Es sei noch erwähnt, dass über die Hälfte der Patienten nach mehreren Schüben symptomfrei bleiben.

Ursachen von Schizophrenie
Grundsätzlich ist zu sagen, das die Krankheit über alle sozialen Schichten, Geschlechter und Altersgruppen hinweg auftreten kann. Es gibt nur ganz wenige Häufungen, die zu vorsichtigen statistischen Aussagen verleiten lassen: Ist schon jemand in der Familie erkrankt, ist das Risiko an Schizophrenie zu erkranken höher, als bei nicht genetisch Vorbelasteten. Allerdings hat die „Mehrzahl der schizophrenen Menschen keine weitere Erkrankung dieser Art in der Familie“.(Hell, Daniel s.o.)
Ab dem 30. Lebensjahr nimmt das Risiko zu erkranken ab. Die größte Gruppe erkrankt zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr (39%). Männer gehäuft zwischen 15 und 35. Frauen gehäuft zwischen 27 und 37. Ledige Männer erkranken 4-mal häufiger als verheiratete.
Und schizophrene Menschen haben häufiger eine schizophrene Mutter als einen schizophrenen Vater.

Zwillingsstudien
Um heraus zu finden, ob eine Krankheit vererbbar ist, werden gern Zwillingsstudien durchgeführt, da eineiige Zwillinge identisches Erbgut haben und zweieiige Zwillinge zu durchschnittlich 50% identisches Erbgut. „Zwillingsstudien sind daher ein wichtiges Instrument zur Abschätzung der Erb- wie auch der Umwelteinflüsse“ (Scharfetter, Christian; Schizophrene Menschen – Diagnostik, Psychopathologie, Forschungsansätze. Psychologie Verlags Union, Weinheim 1999)
Wäre nun eine Übereinstimmung bezüglich schizophrener Erkrankungen bei eineiigen Zwillingen größer als bei zweieiigen, würde das bedeuten, dass auch ein größerer erbbedingter Einfluss vorhanden ist. Zusammengefasst zeigte sich bei Studien älteren (Gottesman und Shields 1972) und Studien neueren Datums (Cardano 1999), dass die Übereinstimmungen bei eineiigen Zwillingen tatsächlich wesentlich höher ist, als bei zweieiigen Zwillingen. „Weil aber auch eineiige Zwillinge in weniger als der Hälfte der Fälle gemeinsam erkranken, ist die (...) Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine rein genetische Ursache für Schizophrenien nicht in Frage kommt.“ (Hell, Daniel s.o.)
Abschließend ist also davon auszugehen, dass Vererbung von Schizophrenie stattfindet, dass dies aber nicht der einzige Faktor für den Ausbruch der Krankheit ist. Schizophrenie ist somit keine „reine“ Erbkrankheit.





Andere Faktoren
Ich möchte im Folgenden kurz darauf eingehen, was verschiedene Studien noch für Faktoren herausgefunden haben, die das Auftreten der Krankheit Schizophrenie begünstigen.
Erwachsene, die an Schizophrenie erkrankten, waren in ihrer Kindheit meist ein sehr aktives oder ein sehr zurückgezogenes Kind.
Veränderungen im Gehirn bezüglich Größe des Gehirns oder einzelner Teile des Gehirns sind bei untersuchten Schizophreniekranken durchschnittlich nicht anderes als bei Nicht-Kranken. Lediglich ist eine verminderte Durchblutung des Stirnlappens festgestellt worden, in dem Moment wo Schizophreniekranke eine Denkaufgabe zu lösen haben. Ein Faktor, der aber auch wieder nicht für alle Erkrankten gilt: Bei manchen nimmt die Durchblutung stark zu.
Auch Vitaminmangel, Mineralstoffmangel oder der Körperbau sind keine spezifischen Faktoren für die Krankheit.
Die Psychoanalyse suchte nach der Ursache der bei Schizophrenen vorkommenden Ich-Störung bzw. –Schwäche und führt diese „auf einen frühen Vertrauens- und Sicherheitsverlust in der Kindheit“ (Hell, Daniel s.o.) zurück.
Schizophrene Menschen wuchsen häufiger in der Stadt auf, als auf dem Land.
Sie stammen eher aus der sozialen Unterschicht.
Sie kommen eher aus zerrütteten Familienverhältnissen.
Ihre Aussicht auf Heilung verbessert sich eher mit der Anteilnahme der Familie und durch weniger Anforderungen im Alltag.
Das sind alles allerdings lediglich Häufungen und lassen keine spezifischen Aussagen zu. Auch sind Schizophrenien in allen Erdteilen, unabhängig von System und Zivilisation gleich häufig anzutreffen.
Man kann also bis heute keine spezifische Aussage darüber machen, warum und wodurch Schizophrenie entsteht. Man kann lediglich sagen, dass, wenn diese oder jene nicht begünstigenden Faktoren auftreten, die Wahrscheinlichkeit an Schizophrenie zu erkranken höher ist, als ohne diese Faktoren.

Behandlungsmöglichkeiten
Es sei gesagt, dass im letzten Jahrhundert vielerlei Behandlungsmethoden Einzug in die Therapie gehalten hatten, die sich im Nachhinein als „der Krankheit nicht angemessen“ herausgestellt haben. Ein prägnantes Beispiel findet sich sicherlich in dem zuvor schon erwähnten Buch von Dorothea Buck, welche in Bethel unter anderem einige Elektroschocktherapien über sich ergehen lassen musste. Louise Roxanne Pembroke berichtet in dem Buch „Wahn & Sinn“ von Irene Stratenwerth (S.77) auch über Gewalt, die sie in bestimmten Einrichtungen immer wieder erfahren musste, bis hin zur völligen Ruhigstellung durch einen Arzt, dem sie widersprochen hatte. Pembroke ist mittlerweile prominentes Mitglied der englischen Bewegung „Survivors“ – der Überlebenden psychiatrischer Behandlung. Es gibt mehrere solcher Gruppen, auch in Deutschland. Pembroke ist Jahrgang 1964, was zeigt, dass diese dunklen Tage der Behandlung noch nicht all zu weit entfernt sind.
Fragt man heute nach Behandlungsmöglichkeiten, so erhält man stets drei Antworten: Neuroleptika, Psychotherapie und Soziotherapie. Und bevorzugt sollten all diese Behandlungsmöglichkeiten miteinander angewandt ausgeschöpft werden.
Durch die Fortschritte in der Hirnforschung und der Ursachenforschung in Bezug auf Schizophrenie, hat die Medizin in den letzten Jahren einen enormen Sprung nach vorne gemacht. Wie oben erwähnt, ist Schizophrenie erst einmal nichts anderes als ein Ungleichgewicht des Botenstoffes Dopamin in bestimmten Gehirnregionen. Ziel der Therapie kann also nur sein, wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Neuroleptika spielen hierbei die westlichste Rolle. Der Schizophreniekranke erfährt während seiner Krankheit einen ungeheuren emotionalen Antrieb. Die Wirkung der Neuroleptika zielt genau auf dieses Symptom und bewirkt eine „Entspannung und Dämpfung“ (Hell, Daniel s.o.) dieses Antriebs.
Ängste und Sinnestäuschungen sind nach wie vor vorhanden, sie werden jedoch nicht mehr als bedrohlich empfunden und „beunruhigen den Kranken (...) weniger“ (Hell, Daniel s.o.). Zu den gebräuchlichsten Neuroleptika zählt auch der Arzneistoff Haloperidol, in hierzulande erhältlich in dem Präparat „Haldol“.
Mit den Neuroleptika werden die sogenannten Plus-Symptome behandelt, wie Halluzinationen, Wahnvorstellungen etc.
Mit einer Sozio- und Psychotherapie werden die sogenannten Minus-Symptome behandelt, wie Antriebsmangel, Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug etc.
Die Psychotherapie baut dabei auf das klärende und stützende Gespräch zur Wiederherstellung des Selbstwertgefühls und Überwindung der Identitätskrise.
Die Psychotherapieformen sind so vielfältig wie die Krankheitsbilder.
Erwähnt sei hierbei eine Therapieform betreffend die Ich-Störung: Die „Ich-psychopathologisch begründete, leibeinbeziehende Therapie“ (Scharfetter, Christian, s.o., S.243) In dieser wird, wie das Wort leibeinbeziehend andeutet, der Körper und die körperlichen Auswirkungen der Krankheit besonders berücksichtigt. Bei einer Ich-Vitalitäts-Störung z.B., wo der Kranke ganz bewusst schnell atmet, hyperventiliert, um zu spüren, dass er noch lebt, wird bewusst mit ihm geatmet, wird er begleitet, damit er den Elementarvorgang des Atmens in Gemeinschaft mit dem Therapeuten erlebt. Und natürlich aus dem Hyperventilieren wieder in einen normalen Atmungsrhythmus findet.
Nur alle Möglichkeiten der Behandlung zusammengenommen und miteinander angewandt bringen nach heutigem Stand einen Fortschritt in Richtung Heilung bzw. Minderung der Symptome und ihrer Auswüchse.

Der Titel
Arbeitstitel war „Die vierte Tür“. Das sollte sich erst ändern, als ich die Broschüre des Kompetenznetzes Schizophrenie erneut las. Das Kompetenznetz Schizophrenie ist ein Verein und heißt „Open The Doors e.V.“, bundesweit agierend mit Sitz in Düsseldorf unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Gaebel und Anja Baumann M.A. an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich Heine Universität, Rheinische Kliniken Düsseldorf.
Sofort fiel mir das Lied „Open The Door“ von Roger Hodgson (ehemaliger Sänger der Band „Supertramp“) ein, von seiner gleichnamigen Platte aus dem Jahre 2000. Und ging nicht wieder aus meinem Kopf.
Es ist eine nicht unbekannte Formulierung, vielleicht sogar schon etwas abgedroschen. Ich entschied mich schließlich doch für den Titel, denn nicht nur, war er im Zusammenhang mit Schizophrenie ein Begriff, sondern auch die entscheidende Aufforderung war fester Bestandteil meines Hörspiels. Der Titel steht somit sinnbildlich, wie auch im Hörspiel ganz real, für das Hinübersehen, Hinübergehen in einen anderen Raum, eine andere Realität.

Der Anfangs- bzw. Endsong
Bei der Erstaustrahlung des Hörspiels im Saarländischen Rundfunk – also sozusagen im Original – befindet sich am Anfang und am Ende der Geschichte der Originalsong von Roger Hodgson „Open The Door“ von seinem gleichnamigen Album.
Für die Herausgabe auf CD hätten allerdings die Rechte an dem Song erworben werden müssen, was finanziell nicht zur Debatte stand.
Also komponierte ich etwas „sehr ähnliches“.
Wem der Song im Hörspiel gefallen hat, dem sei hiermit das Original ans Herz gelegt. Das ist auch viel besser. Und länger.


Der Klappentext

Wie sind doch des
Glückes Vorzüge
ungerecht verschenkt:
Der Eine sitzt dreissig Jah-
re im selben Gemäuer
gefangen, während
sein Bruder frei und
freudig durchs täglich
e Leben flattert.

Geschrieben von Hans Grausam am 28.Februar 1976 ist entnommen dem Buch:
Navratil, Leo; Gespräche mit Schizophrenen.
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1978

Auch der Umbruch der Zeilen wurde exakt übernommen.


Der Plot
Grundsätzlich wollte ich zwei Dinge schaffen: ich wollte eine Geschichte erzählen, die die Realität verschiebt und den Zuhörer unbemerkt in eine andere Realität mitnimmt, die beklemmend ist und damit die Realitäts-Verrückung der Schizophrenie zusammen mit dem Hörer nachvollzieht und ihm die Unwissenheit schließlich Angst macht.
Und ich wollte eine überraschende Wendung am Ende der Geschichte, um den Plot nicht durchsichtig und vorhersehbar zu machen.
Wenn ich eine Geschichte schreiben würde, müsste sie zuerst Vertrautheit schaffen. Einen Wiedererkennungswert haben. Die Situation müsste bekannt sein. Die Umgebung vertraut. Es wäre nichts Surreales vorhanden. Es wäre normal. Man müsste sich sicher fühlen. Nur dann wäre es möglich dem Hörer langsam den Boden unter den Füßen weg zu ziehen und damit die Wende einzuleiten, ihn nämlich unsicher werden zu lassen. Und plötzlich hätte er Angst, weil etwas anders ist als gewohnt. Ohne Sicherheit keine Unsicherheit.
Würde gleich am Anfang ein Mann mit Eishockeymütze und Kettensäge herumlaufen, würde das sicher auch dem ein oder anderen Angst machen, aber es wäre eine sichere Angst. Man fürchtete sich lediglich vor dem Mann mit der Kettensäge. Die Angst hätte ein Gesicht. Man fürchtete sich vor etwas, das man weiß/kennt. Die Angst wäre auf ein Ziel gerichtet. Sähe ich den Mann mit der Kettensäge von ferne, fühlte ich mich sicher. Die unbegründete Angst ist weitaus schlimmer. Sie lässt keine Interpretationsmöglichkeiten. Ich bin nur sicher, dass etwas nicht stimmt. Ich weiß aber nicht, was und warum. Das kommt dem Realitätsverlust, der die Schizophrenie bestimmt, am nächsten. Plötzlich merke ich, dass etwas nicht stimmt. Und ich glaube, es ist wegen der anderen Menschen. Und erst wenn ich bemerke, dass mit mir etwas nicht stimmt, beginnt die Einsicht und durch sie die Suche nach Hilfe.
Zu viele Filme hatte ich gesehen, zu viele Hörspiele gehört und zu viele Bücher gelesen, bei denen ich wusste, wie sie ausgehen werden. Wurde ich am Ende überrascht, gefiel mir der Plot um Längen besser. Ich wollte so etwas schaffen, wie in den Filmen „The Sixth Sense“ oder „The Others“. Oder eben auch „A Beautiful Mind“. Der Schluss sollte eine Wendung haben, die nicht vorhersehbar ist. Oder nur schwerlich. Nichts ist langweiliger, als wenn spannende Unterhaltung durch Vorhersehbarkeit unspannend wird. Die Auflösung muss noch einen Gewissen Kniff haben. Nicht umsonst sind die Bücher von Agatha Christie Bestseller geworden und Krimis so beliebt. Die Neugier und die Frage, wer der Mörder ist, hält uns bis zum Schluss gefesselt. So sollte auch mein Hörspiel enden, aber das Einzige, was ich am Anfang schon wusste, war, dass Bo und Leif ein und dieselbe Person sein sollten.




Geräusche
Ich sammle seit mehreren Jahren Geräusche. Zirka 60 % der Geräusche, die man für ein Hörspiel gebraucht, kann man sehr gut durch die Sound-Bibliothek abdecken, für die verbleibenden 40 % muss man selbst losgehen und sie aufnehmen. Ich benutze dafür einen portablen Minidisc-Player mit einem Stereomikrofon für räumliche Aufnahmen und einem Monomikrofon für einzelne Geräusche. Für das vorliegende Hörspiel bedeutet das, dass ich z.B. das Laufen im Treppenhaus auch in einem wirklichen Treppenhaus aufnahm. Ich rief und sprach auch in diesem Treppenhaus und erstellte nachträglich, vergleichend mit dieser Tonaufnahme, einen Hall wie er in einem Treppenhaus zu hören ist. Diesen konnte ich nun auf all die Sprecher anwenden.


Namen
Der Name BO ist ein real existierender Name aus dem Nordischen. Er ist dänisch, schwedischer Herkunft und bedeutet „der Bewohner“ oder auch „ansässig“.
Verbunden mit der Information des Metallschildes, das sich Bo über die Tür hängt, „BO´s PLACE“, ergibt sich durch umstellen der Worte der Begriff PLACEBO. Lateinisch für „ich werde gefallen“. Umgangssprachlich benutzt für ein Medikament, das in Form und Farbe exakt einem anderen Medikament entspricht, bloß keinerlei Wirkung hat. Also etwas, dass genauso aussieht wie etwas Reales, es aber nicht ist.
Der Nachname ZIMMERMANN war auf Grund der Handlung die logische Konsequenz.

LEIF ist norwegisch und bedeutet „Erbe“ oder „Erbschaft“. Er ist in allen Bereichen der „Erbe“ in der Geschichte. Der „Erbe“ der Familie. Das „Erbe“ seiner Mutter in sich tragend (siehe „Vererbung von Schizophrenie“)

JOST ist altfranzösisch, enstanden aus Josse und Jodokus, eine Vermischung aus Jobst und Job. Job ist eine Nebenform von Hiob. Der Mann der keine guten Botschaften verbreitete.

FEE ist die Kurzform von Felizitas, was so viel bedeutet wie „das Glück“ und „die Glückseligkeit“. Ich wählte den Namen, da er die einzig wahrhaftige Person in Bos Gedankenwelt benennt und nur sie für ihn das Glück bedeuten kann. Am Ende der Geschichte, angekommen in der Realität, heißt sie Frau Dr. Femark.

SOPHIE ZERNICH, der Name der Maklerin, die Bo am Anfang die Wohnung zeigt, ist ein Anagramm, geformt aus den Buchstaben des Wortes SCHIZOPHRENIE.
Ich entdeckte es in dem Buch „Wahn & Sinn“ von Irene Stratenwerth, wo sie über Dorothea Buck schreibt, eine Schizophrene, die im September 1936 in Bethel als Zehnjährige zwangssterilisiert wurde, legalisiert durch das Sterilisationsgesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses der Nationalsozialisten. Dorothea Buck schreibt über fünfzig Jahre später ein Buch über ihre Erfahrungen in der Psychiatrie. Sie veröffentlicht es unter einem Pseudonym um ihre Identität zu schützen:
SOPHIE ZERCHIN, Auf der Spur des Morgensterns – Psychose als Selbstfindung. Paul List Verlag, München 1990.
Ich veränderte lediglich den Nachnamen durch Umstellen, um nicht völlig exakt diesen Namen zu übernehmen.

Der Name des Hausmeisters, HEINER SPIZOCH, ist ebenfalls ein Anagramm bestehend aus den Buchstaben des Wortes SCHIZOPHRENIE.

Die Szenekneipe SELL-BAR nannte ich nach dem Klang des Wortes „selber“. Ein weiterer Punkt, der den Hörer darauf bringen könnte, das Bo es „selber“ ist, der die passierenden Dinge auslöst.

Ich machte mir mit den Namen und Zusammenhängen Mühe, weil alles am Ende in sich stimmig sein sollte. Schizophrene neigen bei einer bestimmten Art der Erkrankung dazu, in allem und jedem ein Muster erkennen zu wollen, die Struktur auseinander zu nehmen, um zu sehen, ob sich unter der Oberfläche noch weitere Informationen finden. So sollten auch die Nebensächlichkeiten und Äußerlichkeiten bei diesem Hörspiel nicht beiläufig sein, sonder mit Bedacht gewählt.


Die Umsetzung von Schizophrenie im Hörspiel
Mit den Eckpunkten von Schizophrenie bekannt, versuchte ich nun meine Hauptcharaktere herauszuarbeiten. Bo/Leif ist Zwilling seines Bruders. Ihre Mutter war ebenfalls an Schizophrenie erkrankt. Damit bediene ich mich der oben genannten Zwillingsstudien und den genetischen Häufigkeiten der Krankheit.
Bo/Leif ist ledig und sein Alter in den 20ern angesiedelt. Auch wenn das Alter im Hörspiel nicht genannt wird, wird es doch durch die Sprechweise und Lebensumstände deutlich. Auch hier bewege ich mich innerhalb der Häufigkeitsstudie.
Bos/Leifs Krankheit zeigt einen chronischen Verlauf, wie am Ende des Hörspiels deutlich wird. Er ist schon seit einiger Zeit in stationärer Behandlung und sein Krankheitszustand weißt kaum Besserung auf. Anteilnahme aus der Familie kann nicht erwartet werden, da er keine Familie mehr hat, niemanden der sich um ihn kümmert.
Bo/Leif leidet unter anderem an einer Ich-Störung, verursacht durch einen frühen „Vertrauens- und Sicherheitsverlust in der Kindheit“ (Hell, Daniel s.o.). Dies wird anhand der Rückblenden und der Erklärungen am Ende des Hörspiels deutlich.
Fee versucht dieser Störung mit einer leibeinbeziehenden Therapie entgegenzutreten, wobei die plötzliche Nähe Bo/Leif Halluzinationen sexueller Art verschafft und am Ende von Prof. Spizoch als nicht gewünscht verurteilt wird. Letzteres soll den Unterschied zwischen lange angewandter, alter Therapieschule und Medikamenten-Hörigkeit, vertreten von Spizoch, und den neuen, ganzheitlichen Methoden, vertreten von Fee, verdeutlichen.
Bo/Leif entstammt aus zerrütteten Familienverhältnissen, was durch die Nicht-Erwähnung des Vaters und dem Einlassen der Mutter mit vielen anderen Männern angedeutet wird.
Er zieht außerdem vom Land in die Stadt, womit die Geschichte beginnt.
Bo/Leif weist mehrere Symptome von Schizophrenie auf. Er leidet hauptsächlich unter Stimmenhören, was die Idee des Hörspiels erst für das Ohr umsetzbar macht. Bo spricht zu bzw. mit Leif, für den Hörer erst am Ende nachvollziehbar. Er hat Halluzinationen, auch körperlicher Art. Er hört nicht nur, er sieht auch andere Dinge. Personen aus seiner nächsten Realität finden sich in seiner Realität wieder, wie z.B. Jonas, der Krankenpfleger, aus dem Jost wird. Auch Handlungen aus der Realität werden in seine Welt übertragen. Jonas/Jost kommt abends immer mit dem Medikament Haldol, Bo/Leif macht daraus seine allabendlichen Trinkgelage. Im Hörspiel in der Szene aufgelöst in der Jonas in Leifs Krankenzimmer tritt und auf den noch bevorstehenden „Haldolschnaps“ verweist. Ich selbst machte mit diesem Mittel Bekanntschaft, als mir ein Finger amputiert wurde. Um mich die Tage nach dem Eingriff ruhig zustellen, bekam ich es in kleinen Bechern in flüssiger Form, wie Schnaps serviert. Es macht einen gleichgültig, ruhig und ein bisschen fröhlich, dass einem alles so gleich ist.
Der Tagesablauf von Bo ist im Hörspiel immer gleich. Zur Arbeit gehen, zur Zeitung, das Tagwerk wird verrichtet, abends mit Jost in die Bar. Es steht als Parallele zu Leifs Alltag, wo Zeitung gelesen wird, bis abends Jonas mit den Medikamenten kommt.
Der feste wöchentliche Termin mit der Psychotherapeutin Frau Dr. Femark wird in Bos/Leifs Gedankenwelt zum Rendez-vous mit Fee.
Bo/Leif leidet unter dem Wahn, dass er von Fee oder jemand anderem beeinflusst wird, das jemand ihn und seine Wohnung und somit sein Leben kontrollieren will. Er hört Radio und erkennt in den Nachrichten seinen Namen, der immer und immer wieder genannt wird. Er bezieht tatsächlich stattfindende Realität auf seine eigene Person.
Als er am Ende Fee die chronologischen Abläufe des damals stattgefundenen Unfalls erläutern soll, kann er es sehr exakt wiedergeben. Bis an die Stelle wo sein Zwilling Bo beim Herunterfallen der Treppe stirbt seine Gedanken plötzlich abreißen.
Bo/Leif leidet außerdem an einer psychomotorischen Störung. Er bevorzugt anhaltendes Schweigen und Bewegungsstereotypie. Im Hörspiel durch die Schläge auf den Tisch hervorgehoben, die seine einzige Möglichkeit darstellen mit der Umwelt/Außenwelt zu kommunizieren.
Auch weitere negative Symptome sind zu finden. So wird der soziale Rückzug schon durch die Konversationsarmut dargestellt, während die Sprachverarmung durch die Szene angedeutet wird, als Bo sich mit Jost darüber unterhält, wie viel Worte man eigentlich braucht um durchs Leben zu kommen. Außerdem durch sein Reduzieren auf Sprichworte und Umgangsfloskeln, die er der Zeitung entnimmt, wo immer der „Spruch des Tages“ zu finden ist. Ich gab ihm auch noch den Beruf des Setzers bei einer Tageszeitung um die Eigenart des „Worte-Jonglierens“, wie es Schizophreniekranke oft aufweisen, plastisch darzustellen und um einen Bezug zu Leifs Zeitungslesen am Anfang und Ende des Hörspiels aufzuzeigen.
An einer Stelle im Hörspiel fahren Bo/Leif Finger in den Kopf. Eine Körperhalluzination, auf die ich durch das Buch „Gespräche mit Schizophrenen“ gekommen bin. Zu den Quellen aber später mehr.
Auf diese Art und Weise entwickelte ich also meine Hauptcharaktere, wobei diese mit jeder neuen Literatur an Tiefe gewannen, bzw. ich auf neue Ideen gebracht worden bin. Die Lebensumstände sind den Häufigkeitsstudien angepasst, die Symptome umfassen fast den gesamten Katalog, gehen fließend ineinander über, was selten ist, so aber vorkommen kann.

In der Broschüre „anders gleich sein“, herausgegeben unter anderen von der ZDF Praxis- Redaktion, fand ich den Versuch zu erklären, wie man sich das Erleben eines Schizophreniekranken vorzustellen hat. Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Möller, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, beschreibt das auf Seite 18 wie folgt:
„(…)fällt es den Betroffenen beispielweise sehr schwer, wichtige von unwichtige Informationen zu trenne. Das Gespräch mit einem Freund, die im Garten zwitschernden Vögel, das gleichzeitig vorbeifahrende Auto, das Geräusch des Windes im Baum, der Duft der Blumen – all dies und mehr wird „gleich stark“ wahrgenommen.“

Eine Szene, wie für ein Hörspiel gemacht, denn all die akustischen Elemente lassen sich wunderbar für das Ohr arrangieren. Alle Geräusche werden plötzlich gleich laut, auch die Hintergrundgeräusche, ob sie eine Bedeutung haben oder nicht. So entsteht für den Hörer am Ende des Hörspiels, als Bo im Treppenhaus immer aufgeregter mit Fee spricht, ein Eindruck davon, wie die Sinne eines Schizophreniekranken die Umwelt wahrnehmen.

Die Szene in der Bo Radionachrichten hört und aus der Meldung immer wieder seinen Namen vernimmt, ist entnommen aus den Beschreibungen von Schizophreniekranken, die die Nachrichten auf sich selbst beziehen und glauben, sie seien nur für sie gemacht und wollten ihnen etwas mitteilen. Bei meiner ersten Begegnung mit einer Schizophreniekranken, wie im Vorwort erwähnt, war genau dieses Symptom das stärkste. Frau S. behauptete abgehört und verfolgt zu werden, sah Fernsehen und hörte einige Worte lauter als andere und setzte sich aus diesen Worten Botschaften zusammen, von denen sie glaubte, sie wollten ihr etwas mitteilen. Ich habe diese Szene nur eingebaut um eine weitere Facette der Krankheit zu zeigen und schließlich elegant auf das Stimmenhören überzuleiten, da Bo nach Ausschalten des Radios ja weiter jemanden seinen Namen rufen hört. Hätte ich die Botschaften aus dem Radio „realer“ umgesetzt, hätte die Geschichte an dieser Stelle für den Hörer eher eine übernatürliche Wendung genommen, was ich nicht wollte.

In der Schlussszene als Fee Bo immer wieder auffordert zu erzählen, was die Stimme sagt, erwidert Bo die Stimme sei rot und würde nichts mehr sagen. In dem Buch „Wahn und Sinn“ von Irene Stratenwerth berichtet Louise Roxanne Pembroke über ihre Halluzinationen: „Die roten Stimmen verbieten mir, das Haus zu verlassen und zu essen (...) Die grünen Stimmen sind lebensbejahend.“ (S.79) Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft von Schizophreniekranken ist ihre Anwendung von Sprache. In der Literatur sind mir viele solcher Beispiele begegnet, wo z.B. ein Adjektiv einem Nomen zugeordnet wird, zu dem es normalerweise nicht passt (rote Stimmen). Es wirkt dennoch und verursacht ein Bild, wie ein Gedicht es tut, in dem so etwas auch angewandt wird, meist allerdings vorsätzlich. Ein anderes Beispiel ist auch das Wort „Zimmeraufwaschen“ (Navratil, Leo; Gespräche mit Schizophrenen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1978, S.111). Jeder weiß, was gemeint ist, obwohl es eine nicht gängige Wortschöpfung ist. So etwas wollte ich ebenfalls im Hörspiel unterbringen.

In der gleichen Szene etwas früher erzählt Bo über seine Erlebnisse auf dem Dachboden und beschreibt, wie Finger durch seine Augen in seinen Kopf fahren. Ich fand eine äußerst bewerkenswerte und beklemmende Beschreibung solch einer Körperhalluzination ebenfalls in dem Buch „Gespräche mit Schizophrenen“ von Leo Navratil (S.109-110):

„G: Wenn ich mir zum Beispiel denk, „jetzt macht er ein rotes Gesicht“, dann
seh ich ein rotes Gesicht. Das verschwindet aber gleich wieder, das ist nur
ein paar Sekunden da, dann ist es wieder weiß.
N: Können Sie mich auch mit einer langen Nase sehen? (...)
G: Jetzt habe ich es gerade gesehen, ich habe einen Gedanken
vorgeschoben und hab es gemacht. (...)
N: Haben sie es richtig gesehen oder nur so vorgestellt?
G: Nein, nein, ich habe es richtig gesehen. (...)
N: Sie haben gesagt, Sie sehen die Augen aus dem Gesicht herausfliegen.
Können Sie das auch bei mir sehen? (...) Probieren Sie es einmal!
G: Ich hab es schon gemacht. Sie sind mir gerade entgegengeflogen und in
meine Augen hineingeflogen.“

Johann G. erzählt außerdem von ganzen Menschen, die er zerreißen sieht und später ständen ihm beide Hälften gegenüber. Auf Wunsch von Herrn Navratil zeichnete er ein Bild davon (S.109). Es findet sich nun hinten auf dem Cover der CD. Ich benutzte es um die Zerrissenheit meiner Figur dazustellen.

Das Cover
Ich hatte zuerst ein anderes Bild im Kopf: Eine Tür welche allein auf einem weiten Feld steht, nirgendwo hinführt. Das war mir im Endeffekt zu viel Bild.
So beschränkte ich das Layout auf rein grafische Elemente, die dem Hörer kein Bild vorweg nehmen. Die weitere Einschränkung auf lediglich schwarz/weiße Elemente war daraufhin die logische Konsequenz für den düsteren, grauen Plot.
In Wirklichkeit ist es selbstverständlich reines Understatement und steht als Kontrapunkt in der bunten, reißerischen Hörspielcoverwelt. Es sollte nichts versprechen. Dann muss es auch nichts halten. Und es sieht einfach anders aus.

Der Mix
Der soll so sein! Es ist kein Nebenbei-Hörspiel, nicht als Einschlafhilfe gedacht. Es soll an den richtige Stellen schockieren. Es ist mit voller Absicht leise und an eben den entsprechenden Stellen laut. Es ist wider die Hörgewohnheit. Es soll verwirren, anstrengend sein. Der Mix soll den Plot unterstützen, der Geschichte dienen.

Alle Fragen beantwortet?

Ach, so:
Ja, es gibt etwas neues von mir.
Aber bisher wollte es niemand kaufen.

So weit, so schlecht.

Im Endeffekt ist es doch alles nur Unterhaltung.
Ob gut oder schlecht entscheidet am Ende ihr.
Vielen Dank für die vielen „Blumen“ und bis bald,

Marco Göllner

11

Donnerstag, 23. August 2007, 09:32

Das sind aber ein Haufen Infos und Hintergründe, vielen Dank erstmal. Ich habe beruflich mit dem Thema am Rande zu tun, daher konnte ich einige (wenige) Facetten der Schizophrenie, die auch im Text aufgegriffen werden, schon selbst kennenlernen. Interesantes Thema, aber eben auch schwierig, nicht nur für den Betroffenen selbst.

Wie bei "Fight Club" entfaltet sich auch bei "Öffne die Tür" erst der wahre Reiz, wenn man das Hörspiel nach dem ersten Hören (und den neuen Informationen, die sich einem schließlich dadurch erschließen) weitere male konsumiert und sich neue Sichtweisen bzw. Interpretationen darlegen.
Faszinierende Idee(n), gute Umsetzung und natürlich im Grunde "nur" Unterhaltung, aber verdammt reizvolle!

Tina

Queen

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Wohnort: Franken

Beruf: Stalker

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12

Donnerstag, 23. August 2007, 14:22

Danke für die ausführliche Erläuterung! Jetzt sehe/höre ich das Hörspiel doch gleich mit anderen Augen/Ohren! ;) :)