Hi!
Gründgens gilt als vielleicht der bedeutendste dt. Theaterschauspieler und auch seine Inszenierungen z.B. vom Faust gelten als bahnbrechend für das Theaterwesen. Also nicht lediglich eine lokale Hamburger Größe der Nachkriegszeit, sondern ein Name mit Weltruf, dessen Mitwirken bei Europa - Hörspielen für mich schon eine kleine Sensation wäre. Denn im Gegensatz zu auch renommierten Schauspielern wie Knut oder Quadflieg spielt Gründgens, nicht nur wegen seiner Leistungen, sondern auch aufgrund seiner Bedeutung, in einer anderen Liga.
Auch aus einem anderen Grunde ist Gründgens eine interessante Persönlichkeit. Er hat unter Göbbels Regie Karriere in Nazideutschland gemacht und die Situation, in der viele bedeutende Schauspieler und Regiesseure Deutschland verlassen mussten, für sich skrupellos ausgenutzt. Nach dem Kriege ging die Karriere fast bruchlos weiter. Für sein opportunistisches Verhalten hat er sich nie schuldig gefühlt oder Verantwortung übernommen (siehe Leni Riefenstahl...). Er ist damit ein Paradebeispiel für viele Biographien dieser Zeit und wird häufig in diesem, auch geschichtlichem, Zusammnhang genannt.
Mit seiner Rolle im Nazideutschland befasst sich übrigens der Roman "Mephisto" (hier in Person des "Hendrik Höfgen"...) von Klaus Mann. Gründgens war vor seinem großen Karrieresprung mit der Schwester Erika Mann verheiratet und Klaus hat am Beispiel des Schauspielers quasi den exemplarischen Lebensweg eines Opportunisten aufgezeichnet, der sich mit dem Bösen einlässt, um Karriere zu machen. Sehr zu empfehlen.
Weil Gründgens wegen der nicht zu übersehenen Parallelen sich getroffen fühlte (was nicht gerade schmeichelhaft für ihn gewesen sein kann..), war dieses Buch l mehrere Jahrzehnte indiziert. Auch ein Beispiel für Verdrängung und Gerichtsbarkeit im Nachkriegsdeutschland.
ciao!
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »1fromhell« (26. Dezember 2005, 10:38)